)
Für ihn hat sich der Streik nicht ausgezahlt. Goran K., einer von vielen frustrierten Taxilenkern am Südbahnhof, hatte "zwischen 6 Uhr früh und drei Uhr Mittag ganze zwei Fuhren". Den Besitzer des Würstelstands, bei dem Goran seine Mittags-Burenwurst isst, kann der Streik nicht erschüttern.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wir spüren nichts", so die lapidare Aussage des Standlers. Er profitiert von den wartenden Taxilenkern als Kundschaft so wie jeden Tag. Anders die Trafikanten im Bahnhofsfoyer, die mit dem Streik alles andere als glücklich sind. Während allerdings der eine kein Verständnis für den Gewerkschaftsbund aufbringen kann, gibt sich die andere solidarisch: "Ich bin zwar keine Bahnfahrerein, aber zum Teil haben die ÖBB-Leute schon recht", meint Trafikantin Sonja H. Alles habe jedoch seine Grenzen, und am Ende würden ohnehin nur die Kleinen büßen. "Denn die Herren Politiker sparen ja doch nicht bei sich selber ein." Einen Umsatzeinbruch bringt der Streik auch für den Büchershop gegenüber der - nun stillstehenden - Rolltreppe. "Normalerweise sind bei uns rund 1.500 Leute am Tag", sagt die Chefin und deutet auf das leere Geschäftslokal. Wie schlimm sich der Streik tatsächlich ausgewirke, werde sie erst am Abend sehen, meint sie. Die Geschäftsfrau ärgern aber weniger ihre eigenen finanziellen Einbußen als vielmehr die Tatsache, "dass man es nicht einmal für der Mühe wert hält, den Reisenden aus dem Ausland zu erklären, was überhaupt los ist!"
"Kein Zug, kein Bus"
Und so sitzt Janosch Maskaliuk vor dem steinernen Löwen in der Bahnhofshalle und wundert sich, weil kein Zug nach Graz fährt: "Ich habe eigentlich keine Ahnung warum", gesteht der Handelsvertreter. Maria und Michael, zwei jungen Rumänen, geht es nicht anders. Eigentlich wollten sie am Mittwoch nach Hause fahren, "aber es gibt keine Bahn, keinen Bus, gar nichts", ärgert sich Maria. "Jetzt stehen wir wie die Blöden hier in der Kälte herum."
Geht es nach Erwin H., der wie jeden Tag zu Mittag zur Trafik im Südbahnhof kommt, sollte diese Situation nopch länger anhalten. "Die Streikkultur gehört gepflegt. Das ist noch viel zu wenig. da geht noch mehr!" Allerdings ist er von den Zugsausfällen nicht persönlich betroffen: "Ich bleib ja in Wien." Ein Ende der Streitereien mahnt der Wirt im "Puntigamer Hof" (gegenüber dem Südbahnhof) ein: "Ein Streik ist nie gut - für keinen Beteiligten." Nachsatz: "Aber es is wurscht, was ich denk', das interessiert eh niemanden."
Bis zu 70 Prozent fehlten
In den Schulen wirkte sich der Streik unterschiedlich aus. In Treibach und Spittal gab es "Ausfallsquoten" bis zu 70 Prozent, während Wiens Schüler kaum Probleme hatten, den Schulweg zu bewältigen. Auch von den 130.000 Volks- und Hauptschülern in Niederösterreich blieben nur wenige dem Unterricht fern. In den Einzugsgebieten entlang der Süd- und Westbahn gab es allerdings massive Probleme. So blieb an der HTL Salzburg und Hallein jeder zweite Sessel leer. Für jene Schüler, die bei ihrem Schulweg auf Bahn oder Bus angewiesen sind, wird ihr gestriges Fehlen keine Konsequenzen haben, beruhigt der Salzburger Landesschulrats-Präsident Gerhard Schäffer.