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Tschechien droht nach neuesten Berechnungen in den nächsten 30 Jahren ein Arbeitskräftemangel vor allem in qualifizierten Berufsbereichen. Das Arbeitsministerium in Prag sieht sich daher bereits jetzt im Ausland nach gut ausgebildeten Fachkräften um. Bürger aus der ab 2004 erweiterten EU spielen dabei vorerst eine nachrangige Rolle.
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Neueste Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 schon 420.000 qualifizierte Arbeitskräfte in Tschechien fehlen werden. Und das bei einer derzeitigen Arbeitslosenrate von 9,5 Prozent. In manchen Bezirken, etwa im ostmährischen Industriegebiet rund um Ostrava, ist sogar schon fast jeder fünfte von Arbeitslosigkeit betroffen.
Auf der anderen Seite herrscht bereits jetzt in wichtigen Berufssparten ein eklatanter Mangel an geeignetem Personal. Für das tschechische Arbeits- und Sozialministerium ist der starke Geburtenrückgang einer der Hauptfaktoren für diesen Trend: Seit dem vergangenen Jahr sind die Bevölkerungszahlen sogar rückläufig. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.
Die große Anzahl slowakischer Arbeitskräfte, die aufgrund eines bilateralen Abkommens bereits jetzt ungehinderten Zutritt zum tschechischen Arbeitsmarkt vorfinden - , dürfte das zu erwartende Loch nicht stopfen. Der seit der Wende 1989 anhaltende Zustrom ukrainischer Gastarbeiter, großteils illegal beschäftige Hilfskräfte, trägt nach Ansicht Prags auch nicht zu einer Lösung des Problems bei. Dass genügend qualifizierte Arbeitnehmer aus der um zehn Länder erweiterten Europäischen Union in tschechischen Betrieben um Arbeit ansuchen werden, erwartet man ebenfalls nicht.
Fachkräfte aus Kasachstan
Stattdessen fällt Anfang nächsten Monats der Startschuss für ein Regierungsprojekt, in dessen Rahmen Interssenten aus Bulgarien, Kroatien und Kasachstan nach Tschechien eingeladen werden. Zunächst rechnet man mit 300 Personen, denen gemeinsam mit einem Arbeitsvertrag auch die tschechische Staatsbürgerschaft angeboten werden soll. Warum die Wahl ausgerechnet auf diese drei Länder gefallen ist, beantwortete der tschechische Arbeitsminister Zdenek Skromach in einem Interview mit "Radio Prag" äußerst vage: "Mehrere Tausend Bürger gerade aus diesen Ländern" würden "bereits bei uns arbeiten". Was ein Beweis dafür sei, "dass die Bürger dieser Länder bereit sind, nach Tschechien zu kommen und hier eine neue Heimat zu suchen". Wer kommen darf und wer nicht, wird mittels eines Punktesystems entschieden: Mit der höchsten Punktezahl werden qualifizierte junge Leute um die Dreißig, möglichst mit Familie und zwei Kindern, bewertet.
Die tschechische Regierung plant, derartige Rekrutierungskampagnen ab 2007 zur gängigen Praxis zu machen und weitere Länder in das Projekt einzubeziehen. Abzuwarten bleibt, ob dann auch Bürger aus der ab 2004 um zehn Mitglieder erweiterten EU einbezogen werden. Derzeit sieht es nämlich nicht danach aus: Arbeitsminister Zdenek Skromach erwägt die Einführung von Zutrittsbeschränkungen für Bürger aus derzeitigen EU-Ländern (etwa Österreich) wie auch aus Beitrittsstaaten (etwa Polen und dem Baltikum).