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Verstümmelt hinter dem Herd

Von Nadia Baha

Politik

Am 8. März ist wieder Internationaler Frauentag. Böse Zungen behaupten, dieser sei nur erdacht worden, um das schlechte Gewissen der Männer zu beruhigen, die ohnehin das ganze Jahr über im Mittelpunkt stehen. Dies gilt auch für Afrika, wo es um die Gleichstellung der weiblichen Bevölkerung zumindest ebenso schlecht bestellt ist wie in der übrigen Welt.


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Obwohl die Frauen Motor für viele Innovationen waren - so hatten sie einst die Töpferei, die Weberei und sogar der Schrift erfunden - sind sie bis heute einer Vielzahl von Zwängen unterworfen und müssen sich den Männern unterordnen. Von Chancengleichheit gibt es weiterhin keine Spur.

In Afrika liegt die Ursache dafür vor allem am schlechten Bildungsgrad. Da seit der Zeit des Kolonialismus das Volk entweder absichtlich "dumm" gehalten wurde oder korrupte Staatschefs die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für Aufrüstung und Kriegsgerät verpulverten, gab es keine Motivation von oberster Stelle, etwas gegen Analphabetismus, speziell bei Frauen, zu unternehmen. Denn, wie es die Ordensfrau Lea Ackermann, die Frauen und Kindern am Rand der Gesellschaft hilft, ausdrückte: "Wenn man die Massen ausbildet, macht man sie zu Revolutionären".

Diese Passivität von damals und leider auch heute ist eines der Grundübel vieler afrikanischen Gesellschaften und der Anfang eines Teufelskreises - denn ohne Bildung ist es den Frauen nicht möglich, aus der meist starren traditionellen Familienstruktur auszubrechen. Dies betrifft vor allem Frauen aus den ländlichen Gebieten. Die dortigen Machtstrukturen basieren wie in den meisten Hierarchien auf Alter, Status - und Geschlecht. Der Frau kommt wenig Autorität zu, obwohl sie für den Anbau bzw. die Beschaffung und selbstverständlich auch für die Zubereitung der Speisen verantwortlich ist. Die alte Maxime KKK - Kinder, Kirche, Küche - lebt für Frauen in gewissem Sinne weiter. Auch in Europa ist diese Denkweise lange noch nicht Geschichte.

In Afrika zeigt sich die Diskriminierung von Frauen darüber hinaus auch noch in einem weiteren traurigen Kapitel: der Beschneidung. Ihr versucht man, wie im Senegal, per Gesetz "Herr" zu werden, doch die Zahl der Genitalverstümmelungen geht nur sehr langsam zurück. Es fehlt meist am nötigen Bewusstsein. Die Organisation "Menschen für Menschen" und die UNO-Beauftragte Waris Dirie, selbst eine Betroffene, tragen mit ihrem mutigen Engagement nicht nur dazu bei, dass diese grausame Praxis geächtet, sondern auch, dass sie verboten wird.

Die Frauen, die in Afrika mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, leiden darüber hinaus unter Zwangsehen, Missbrauch und kriegerischen Ausandersetzungen. Frauen sind zudem die häufigsten Opfer von Menschenhändlern, die jährlich rund 500.000 Menschen als billigste Arbeitskräfte und Prostituierte in den so genannten Westen verkaufen.

Doch die Frauen lassen sich nicht unterkriegen und schließen sich zusammen, um gemeinsam Wege aus der Misere zu finden. So gibt es professionelle Frauenorganisationen, die in ganz Afrika vertreten sind, wie beispielsweise die Association of Women Lawyers in Africa (AWLA) oder die Federation of African Women Educationists (FAWE). Letztere kämpft vor allem um Schulbildung für Mädchen.