Das vom türkischen Präsident Erdogan gegründete Yunus Emre Institut soll in Wien den kulturellen Austausch fördern.
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Wien. "Es fehlt noch schlichtweg an Aufmerksamkeit", beklagt sich Mevlüt Bulut, Direktor des jungen Yunus Emre Instituts, ein türkisches Kulturzentrum mit Sitz in Wien Alsergrund.
Anzug, Frisur und Körpersprache Buluts wirken strikt. Auf dem Tisch und den Regalen stapeln sich Abzeichen, Bilder, die österreichische und türkische Fahnen. Links neben Buluts Tisch hängt das Bild vom Begründer der türkischen Republik, Kemal Atatürk. Türkis und silbrig angestrichene Wände, mit Ornamenten versetzt, zieren das Innere des Instituts. Sein Ausblick vom Arbeitstisch: die Votivkirche. Den Eingang des Instituts, direkt neben dem Café Francais, würde man ohne genaues Hinschauen übersehen. Es scheint noch recht unbekannt zu sein. Lediglich zwei Werbetafeln im U-Bahnbereich beim Schottentor und ein Hinweisschild direkt vor der Tür machen auf die Bildungsstätte aufmerksam.
Derzeit 50 Schüler
Kunst, Kultur und Sprache lauten die Schwerpunkte der Einrichtung. So sind auch die Räumlichkeiten des in der Währinger Straße liegenden Gebäudes aufgeteilt. Klassenräume für die Sprach-und Malkurse, einen Pausenraum, einen Konferenzraum, einen kleinen Ausstellungsraum und eine Bibliothek beherbergt das Kulturzentrum. Zurzeit besuchen 50 Schüler die Türkisch-Sprachkurse. Die türkische Sprache ist ein Kerngebiet des Instituts. Mit dem Kursangebot möchte man sich insbesondere an Personen richten, deren Muttersprache nicht Türkisch ist. Nichts davon weist auf einen erheblichen Unterschied zu einem Sprachkurs an der Volkshochschule.
"Das Zertifikat, das man von unserem Institut erhält, ist international anerkannt und wird auch an den türkischen Universitäten akzeptiert. Die Unterrichtsmaterialien wurden in Zusammenarbeit mit dem türkischen Institut der Turkologie erstellt", erklärt Bulut. Neben der Sprache legt man sowohl auf die Vermittlung zeitgenössischer Kunst als auch auf kunstgeschichtliche Epochen wert. An die 48 Veranstaltungen organisierte das Institut vergangenes Jahr.
"Wien gilt als Kulturhauptstadt Europas. Durch den Kulturbereich wollen wir Brücken zwischen Österreich und der Türkei schlagen", erklärt Bulut. Er selber studierte Politikwissenschaft an der Universität Wien. Nach dem Studium zog er nach Münster um, wo er im türkischen Konsulat tätig war. Der Entschluss wieder nach Wien zurückzukommen, fiel ihm leicht. "Hier gibt es alles an Kultur, was man sich nur wünschen kann. Als Wahl-Wiener weiß man das zu schätzen", betont Bulut.
Als Vorbild für die österreichische Niederlassung des Yunus Emre Instituts habe man sich das Institut Français d’Autriche vorgenommen, welches seit 1926 für den Kulturaustausch zwischen Frankreich und Österreich steht. Dass man mit einem Institut, das so eine lange Tradition in Wien hat, nicht mithalten kann, ist sich der Direktor bewusst. Man muss sich erst als kulturelle Bildungsstätte beweisen.
Erst seit einem Jahr
"Das Yunus Emre Institut gibt es erst seit einem Jahr in Wien. Aller Anfang ist schwer, man muss geduldig sein" so Bulut. Mit ihren Veranstaltungen und Programmpunkten versuche man dem österreichischen Publikum ein anderes Bild der Türkei und der türkischen Kultur zu zeigen. Konzerte, Filmabende und Ausstellungen sollen die Vielfalt der Türkei unterstreichen. Dass man am Anfang doppelte Arbeit leisten muss, weiß der Direktor ebenso. Kooperationen, Besuche und Treffen mit verschiedenen Institutionen stehen fast an der Tagesordnung. Botschaften, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen sind die Ansprechpartner des Instituts.
Anfang des Jahres veranstaltete das Institut eine Kunstausstellung über Sultan Abdülaziz, welcher von 1861 bis 1876 das Osmanische Reich regierte. Man wollte einerseits das künstlerische Interesse des Sultans aufzeigen, andererseits auch seine Wertschätzung gegenüber westlichen Künstlern hervorheben. Der Sultan bereiste London, Paris und Wien und staunte über Gemälde und Skulpturen des Abendlandes. Über das schwierige Image von türkischen Migranten in Österreich möchte Mevlüt Bulut heute nicht sprechen. Er sei auf der Suche nach den Gemeinsamkeiten der beiden Kulturen, um die Distanz zu verringern. "Uns geht es vor allem um Austausch. Wenn wir eine Gruppe von Intellektuellen erreichen, so hoffen wir, dass diese als Multiplikatoren wirken können", sagt Bulut.
Pendant zum Goethe Institut
Das Yunus Emre Institut wurde 2007 durch den damaligen Ministerpräsident Reccep Tayyip Erdogan zwecks Förderung der türkischen Sprache und Kultur im Ausland gegründet. Namensgeber ist der anatolische Dichter und Mystiker Yunus Emre. "Die Stiftung ist das Pendant zum weltweit tätigen Goethe Institut. Bislang wurden in 37 Länder 46 Kulturzentren eröffnet", sagt Bulut.
Durch das internationale Agieren versuche man Akademikern und Forschern mit den Schwerpunkten des Instituts das Verständnis der türkischen Kultur näher zu bringen. Den Bildungsbereich sieht Mevlüt Bulut als ein positives Beispiel österreichisch-türkischer Beziehungen. "Ein Beispiel wie diese Beziehung gut funktionieren kann, ist das St. Georg Gymnasium in Istanbul, das 1882 gegründet wurde und einen hervorragenden Ruf genießt. Auf dieser Basis gibt es eine gute Zusammenarbeit und das möchten wir fördern", sagt Bulut - mit einem kurzen Blick auf sein Handy. Die Uhr kündigt bereits den nächsten Termin an. Ob slowakische oder ukrainische Botschaft oder auch die Diplomatische Akademie, für Bulut ist jedes Kennenlernen von Bedeutung.
Künftig wolle er die Veranstaltungsreihe ankurbeln und weitere türkische Werke und Klänge dem österreichischen Publikum präsentieren. Aktuell läuft die Ausstellung über den osmanischen Gelehrten Matrakci Nasuh im Kunsthistorischen Museum. Die Wichtigkeit von Matrakci Nasuh schlägt sich in seinen Büchern über Kriegsführung, Geschichte, Mathematik und Kunst nieder. "Matrakci habe zum kulturellen Welterbe beigetragen und sei eine Inspiration für viele Künstler gewesen", schwärmt Bulut. Die Ausstellung läuft bis zum 12. Juni.