Israel droht Teheran mit Militärangriff.
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Bagdad. Zumindest einen kleinen Erfolg hat die neue Gesprächsrunde über Irans umstrittenes Atomprogramm am Mittwoch in Bagdad bereits gebracht: Es soll heute weiterverhandelt werden. Das jedenfalls berichtete der iranische Nachrichtensender Press TV unter Berufung auf informierte Quellen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, Vertreter der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands (5+1) sowie die iranische Delegation unter Leitung von Chefunterhändler Saeed Jalili würden den Dialog am Donnerstag fortsetzen, hieß es.
Zum Auftakt des an hohe Erwartungen geknüpften und von israelischen Militärdrohungen begleiteten Schlagabtauschs legte die 5+1-Gruppe am Mittwoch einen neuen Lösungsvorschlag vor. Teheran solle damit zu Zugeständnissen bei der Urananreicherung bewegt werden, erklärte der Sprecher Ashtons in der irakischen Hauptstadt, wo die Beratungen am Mittwochnachmittag unter massiven Sicherheitsvorkehrungen begonnen haben. Der Sprecher warnte zugleich davor, zu viel von dem Treffen zu erwarten. "Ich denke nicht, dass heute etwas Dramatisches passieren wird. Wenn die Dinge gut laufen, werden wir solide Fortschritte machen."
"Iran schindet nur Zeit"
Israels Regierung drohte indes abermals mit einem Militärschlag gegen die Perser, sollte dem Land "ein wie immer geartetes Nuklearprojekt gestattet" werden. "Der Iran", warnte Vizepremier Moshe Yaalon in der "Jerusalem Post", hält die Welt zum Narren und will nur Zeit schinden".
Ganz anders die Reaktionen aus dem mit dem Iran verbündeten Russland. Irans Führung scheine bereit, über konkrete Schritte zur Lösung des Konflikts zu reden, sagte Außenminister Sergej Lawrow und sprach vom "Beweis dafür, dass die Iraner bereit seien, zu kooperieren". Der Chef der UN-Atomaufsicht IAEO, Yukiya Amano, hatte im Vorfeld ebenfalls Zuversicht verbreitet und sogar ein Abkommen in Aussicht gestellt, das seinen Inspektoren auch zu besonders umstrittenen Anlagen wie etwa dem Militärkomplex Parchin Zugang erlauben soll.
Heikle Uran-Frage
Die Gespräche sollen dazu beitragen, dass der seit Jahren anhaltende Konflikt doch noch friedlich gelöst wird. Der Iran erhofft sich zudem eine Lockerung der zuletzt am Montag von den USA verschärften internationalen Wirtschaftssanktionen. Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollen dafür Zugeständnisse wie etwa einen verbesserten Zugang zu Irans Atomanlagen oder bei der Urananreicherung erreichen. Teherans Fähigkeit, in den Anlagen von Fordo und Natanz Uran auf 20 Prozent anzureichern, bereitet dem Westen Sorgen. Es wird befürchtet, dass genau jene Anlagen später dazu genutzt werden könnten, Uran auf 90 Prozent anzureichern. Das würde für den Bau einer Atombombe ausreichen. Der Iran, der auf die Anreicherung deshalb weitgehend verzichten soll, weist den Verdacht, heimlich an Atomwaffen zu arbeiten, zurück und pocht auf sein Recht auf friedliche Nutzung der Nuklearenergie.
Einen Fünf-Punkte-Plan zur Lösung des Konflikts legte auch die iranische Seite vor. Nährere Details hierzu gab es vorerst aber nicht.
Irans Außenminister Ali Akbar Salehi hoffte, in "einem oder in zwei Tagen" gute Neuigkeiten vorlegen zu können.
Es ist erst das zweite Treffen dieser Art, seitdem die Verhandlungen Mitte April in Istanbul nach einer 15-monatigen Auszeit wieder aufgenommen worden waren. Der Iran hatte auf Bagdad als Verhandlungsort bestanden. Die irakische Regierung ist der Islamischen Republik freundlich gesinnt. Diplomaten werteten die Wahl des Treffpunkts aber auch als Test der westlichen Verhandlungspartner, wie sehr sie sich wirklich um eine Einigung bemühen wollten. Etwa 15.000 irakische Polizisten und Soldaten schirmten den Veranstaltungsort in der schwer bewachten Grünen Zone Bagdads ab, wo es in der Vergangenheit immer wieder zu schweren Anschlägen kam.
Diplomaten warnten trotz der verbreiteten Zuversicht und guten Absichtserklärungen vieler Beteiligter, bis zu einem Durchbruch könne es noch weit hin sein. Auch die USA äußerten sich reserviert. "Versprechen sind eine Sache, Taten und die Erfüllung von Verpflichtungen eine andere", sagte ein Sprecher in Washington.
Für Aufregung sorgte am Rande der Gespräche ein Bericht der BBC, wonach Minister aus der britischen Regierung bereits darüber sprechen, welche Rolle ihr Land im Falle einer militärischen Konfrontation mit dem Iran spielen könnte. Die Briten diskutierten mehrere Optionen, die von diplomatischer Unterstützung für Israel bis hin zu einer Beteiligung der britischen Marine an einem Waffengang in der Region reichen.