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Auf linksliberales Wegschauen folgen meist rechtspopulistische Scheingefechte. | Traum von dichten Grenzen ist unrealistisch. | Wien. In ihren schlechtesten Momenten neigt Politik dazu, Probleme nicht zu lösen, sondern sie zu vergrößern. An keinem anderen Beispiel lässt sich das dieser Tage besser illustrieren als an den Problemen, die die Integration von Fremden in eine Gesellschaft mit sich bringt. Und noch etwas zeigt sich: Je größer das Wohlstandsniveau und der staatliche Regelungsanspruch des Aufnahmelandes, desto komplizierter die Herausforderungen. | Interview mit Innenministerin Maria Fekter | Deutsch wird Pflicht - aber wann? | Keine Stimme ohne Muttersprache | Malmström setzt auf Solidarität
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Von Burkas .. .
Die skurrilen Folgen einer vorrangig stimmungsgeleiteten Politik wurden zuletzt in Dänemark deutlich: Rechtspopulisten kampagnisieren hier seit Wochen für ein Verbot des islamischen Vollkörper-Schleiers Burka. Allerdings ließ sich im ganzen Land keine einzige Trägerin eines solchen verpönten Kleidungsstücks auffinden.
Auch in Österreich müssen Burka-Trägerinnen mit der Lupe gesucht werden (und findet man eine, so ist sie zumeist eine vermögende arabische Touristin). Dennoch hat erst unlängst Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek laut über die Option eines Burka-Verbots nachgedacht. Bischöfe, katholische wie evangelische, FPÖ und liberale Muslime waren begeistert.
... zu Minaretten
Noch stärker symbolisch aufgeladen ist die Debatte um Minarette. Die Schweizer haben in einer emotional aufgeheizten Volksabstimmung ein Verbot ausgesprochen. In Österreich würde ein Votum wohl ähnlich ausfallen, würden die Bürger darüber befragt.
Liberale Ansätze haben bisher auch keine nachhaltige Lösung der komplexen Probleme erbracht. Die Niederlande nahmen längst Abschied von ihrer liberalen Zuwanderungspolitik, die Probleme wurden schlicht zu groß, die Bürger rebellierten. Deutlichstes Zeichen dafür: Der Aufstieg von Rechtspopulisten.
Wie Entwicklungen dieser Art vermieden werden können und eine friedliche Integration von Zuwanderern funktioniert, darüber besteht praktisch nirgendwo in Europa ein politischer Konsens.
Zwar sind sich mittlerweile alle einig, dass Zuwanderung nach Bedarf staatlich gesteuert werden muss. Es spießt sich nur am Wie und an den realen Möglichkeiten, den wachsenden Strom an Wirtschaftsflüchtlingen auch tatsächlich zu kontrollieren. Grenzen - auch die Außengrenzen der EU - lassen sich nicht hermetisch abriegeln. Hinzu kommt, dass es durchaus seitens der Wirtschaft eine gewisse Nachfrage an billigen und deshalb ungebildeten Arbeitskräften gibt - und sei es
im Bereich des großen Schwarzmarktes persönlicher Dienstleistungen.
Und wie lassen sich die Versäumnisse vergangener Jahrzehnte aufholen und entstandene Parallelgesellschaften wieder auflösen? Mit Anreizen, mit Druck oder mit einer Mischung aus beiden? Trial and error, Versuch und Irrtum, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Integrationspolitik. Das wird sich so schnell auch nicht ändern.