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Vertane Chancen

Von Andreas und Stefan Brocza

Gastkommentare

Österreichs EU-Ratspräsidentschaft verschläft die Möglichkeiten, die sich im Rahmen des EU-Opec-Energiedialogs für Wien ergeben könnten.


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Seit 2005 führen die EU und die Opec, die Organisation der erdölexportierenden Länder mit Sitz in Wien, einen institutionalisierten Dialog zu Fragen der Energiepolitik auf Ministerebene durch. Der Austausch über (technische) Fragen hat für beide Seiten offenbar hohe politische Relevanz, nur so lässt sich die durchgehend hochrangige Teilnahme durch Minister und EU-Energiekommissare über die Jahre hinweg erklären. Der Mehrwert für beide Seiten liegt aber auch darin, dass eben nicht ausschließlich die üblichen außenpolitischen Akteure teilnehmen. So ermöglichte es der EU-Opec-Energiedialog europäischen Vertretern in den vergangenen Jahren etwa mit Libyen oder dem Iran Sachfragen zu erörtern, ohne dass diese gleich im grellen Scheinwerferlicht der Weltpolitik standen und Fragen zu Menschenrechten und zum Nahost-Konflikt beantworten mussten.

Seit dem Amtsantritt der EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker im Jahr 2014 scheint der Energiedialog ins Stocken geraten zu sein. Es wäre an der Zeit, dieses erprobte Forum neu zu beleben. Die EU sollte sich der besonderen Möglichkeiten, die eine bewährte Struktur zum dauerhaften und vertrauensvollen Dialog mit der Opec und ihren Mitgliedstaaten bietet, wieder mehr bewusst werden. Eine Möglichkeit, dies voranzutreiben, hätte sich während der aktuell laufenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft geboten. Überraschenderweise hält sich jedoch das Interesse Wiens daran äußerst in Grenzen. Umso erstaunlicher, als gerade Österreich während seines vergangenen EU-Vorsitzes im Jahr 2006 ein starker Verfechter eines intensiven EU-Opec-Dialogs war.

Gemeinsame EU-Energieaußenpolitik

Die wachsende Abhängigkeit von Energieimporten macht eine gemeinsame Energieaußenpolitik der EU erforderlich. Daher hat man 2011 eine Strategie vorgelegt, wie die Energiepolitik gegenüber Drittstaaten transparenter gestaltet und besser koordiniert werden kann. Bereits 2007 verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der EU eine gemeinsame Energieaußenpolitik (offiziell: "Energieaußenbeziehungen").

Schon davor war die EU-Kommission für eine gemeinschaftliche Energieaußenpolitik (offiziell: "Auswärtige Energiebeziehungen") eingetreten und hatte eine Vielzahl von Energiedialogen als Teil ihrer "Äußeren Energiebeziehungen" initiiert - sowohl mit Produzenten- und Transitstaaten an der Peripherie Europas als auch auf globaler Ebene. Ungeachtet dieser Fülle von Projekten wurde aber auch weiterhin auf bereits früher etablierte Formate des Energiedialogs verwiesen und gesetzt, insbesondere auf den schon 2004 ins Leben gerufenen EU-Opec-Energiedialog.

Zu formellen bilateralen Beziehungen zwischen der EU und der Opec kam es ab dem Herbst 2004, als mit der Planung und Schaffung eines hochrangigen Dialogs auf Ministerebene begonnen wurde. Aus dieser Initiative entwickelte sich der EU-Opec-Energiedialog. Nicht zufälligerweise fiel die engere Zusammenarbeit beider Organisationen einerseits mit einem Bedeutungszugewinn des Energiebereichs innerhalb der EU und andererseits mit dem Beginn des Handelsstreits um Gas zwischen Russland und der Ukraine zusammen. Dieser Handelskonflikt, der sich 2009 wiederholen sollte und eigentlich noch immer ungelöst ist, führte zu Versorgungsengpässen in Europa und machte die Abhängigkeit von Energieimporten deutlich sichtbar. Somit beeinflusste ein Streit um Erdgas das Bewusstsein in Europa so stark, dass auch der genau genommen unbeteiligte Energiebereich des Ölhandels an Wichtigkeit zunahm.

Kooperation mit anderen internationalen Organisationen

Am 9. Juni 2005 fand in Brüssel der erste EU-Opec-Energiedialog auf Ministerebene statt. Dieser wurde im Herbst 2004 mittels Treffen und Kontakten zwischen der damaligen niederländischen Präsidentschaft, der EU-Kommission und dem Präsidenten der Opec-Konferenz vorbereitet. Dieses erste Treffen legte die Grundsätze für die nächsten Konferenzen fest und wurde als sehr ergiebig angesehen. Die EU verortete den Energiedialog in den neuen, breiter angelegten Bereich der Energiepolitik und wertete ihn als Mittel, die Kontakte zu Öl- und Gasproduzenten zu stärken.

Beide Seiten stellten klar, wie wichtig regelmäßige Kontakte sind, um extreme Preisentwicklungen - egal in welche Richtung - zu minimieren. Hierbei wurden vier Kooperationsfelder genannt: (1) Entwicklungen am Ölmarkt, sowohl kurzfristig als auch mittel- bis langfristig; (2) Energiepolitiken; (3) Energietechnologie und (4) multilaterale Themen mit Energiebezug. In diesen Bereichen sollte durch Workshops und Treffen auch mit anderen internationalen Organisationen kooperiert werden, wobei Doppelungen vermieden werden sollten. Schon bei diesem ersten Energiedialog wurden Runde Tische und eine technische Konferenz vereinbart.

Der zweite Energiedialog am
2. Dezember 2005 in Wien stellte rückblickend eine organisationstechnische Besonderheit dar. Die Partner trafen sich zum zweiten Mal in einem Kalenderjahr (später einigte man sich auf jährliche Treffen), und die EU wurde auch wieder durch einen Kommissar und Vorsitzenden und künftigen Vorsitzenden im EU-Energierat repräsentiert, wobei als Incoming Presidency der damals zuständige österreichische Minister Martin Bartenstein ebenfalls an dieser Sitzung teilnahm.

Der Energiedialog wurde auch während der folgenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 besonders gefördert. So traf der österreichische Minister etwa bereits am 1. Februar 2006 den Präsidenten der Opec-Konferenz, um die weiteren Entwicklungen der Beziehungen zu besprechen. Nach Ablauf der EU-Ratspräsidentschaft erlahmte Österreichs Interesse am Dialog jedoch auch wieder umgehend. In den Folgejahren sind jedenfalls keinerlei Initiativen aus Wien mehr erkennbar. Die sich durch den Opec-Sitz in Wien ergebenden Möglichkeiten scheinen durchgehend ungenutzt.

Chance zur aktiven Wiederbelebung nicht genutzt

Eine ganz konkrete Chance zur aktiven Wiederbelebung des EU-Opec-Dialogs böte die aktuelle österreichische EU-Ratspräsidentschaft. Nicht nur, dass man damit auch gleich einen Schwerpunkt des vergangenen österreichischen EU-Vorsitzes im Jahr 2006 wieder aufnehmen und damit auch den Prozess der jeweiligen halbjährigen Schwerpunktsetzung thematisieren hätte können. Es wäre auch eine passende Gelegenheit gewesen, die vielfach geäußerten Ankündigungen Österreichs, aktiv EU-Politikbereiche mitgestalten zu wollen, mit Leben zu erfüllen. Und welches andere EU-Mitgliedsland hat schon eine passende Internationale Organisation in der eigenen Hauptstadt ansässig?

Stattdessen scheint das Thema vom Radarschirm verschwunden zu sein. Die Kompetenzverschiebung innerhalb der Bundesregierung allein kann wohl nicht dafür verantwortlich sein, dass die Opec plötzlich an politischer Aufmerksamkeit verliert. Aus dem seit Jahresanfang zuständigen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus verlautet jedenfalls auf Nachfrage lapidar: "Wir können momentan leider nur sagen, dass im Herbst der EU-Opec Energy Dialogue in Form eines High-Level-Meetings in Brüssel stattfinden soll."

Aktiver politischer Gestaltungswille klingt anders. Zumindest in diesem Bereich hat es die österreichische Regierung schon einmal nicht geschafft, Wien als Ort der wohl wichtigsten Energieorganisation der Welt nachhaltig in Erinnerung zu rufen. Die Chance blieb ungenutzt.

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