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Vertrauen in Politik massiv angeknackst

Von Matthias Staudiger

Politik

Market-Umfrage: Nur 38 Prozent der Österreicher trauen der Bundesregierung zu, die Probleme des Landes zu lösen.


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Wien. Die Österreicher sehen die wirtschaftliche Zukunft derzeit alles andere als rosig. Der Optimismuspegel, der die Zukunftszuversicht misst, liegt mit 31 Prozent auf einem extremen Tief. "Seit Beginn unserer Messungen handelt es sich um einen der niedrigsten Werte", sagte Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer des Linzer Marktforschungsinstituts Market, vor Journalisten.

Market präsentierte am Mittwoch eine Studie, für die 800 Österreicher zur aktuellen Stimmungslage rund um die Wirtschaft befragt wurden. Im ersten Halbjahr war die Stimmung in der Bevölkerung demnach sehr gedrückt, Pessimismus und geringe Investitionsbereitschaft waren allgegenwärtig. Große Investitionen wollten nur wenige der Befragten tätigen. Lediglich sieben Prozent gaben an Geld in größere Vorhaben, wie den Kauf einer Wohnung, investieren zu wollen.

Die Prognose für das zweite Halbjahr verspricht allerdings einen Aufwärtstrend. Die Investitionsbereitschaft soll sich auf 20 Prozent steigern.

Vertrauensdefizit und Notwendigkeit von Reformen

Ein Hauptgrund für die schlechte Stimmungslage sei vor allem mangelndes Vertrauen in die Politik. Nur 38 Prozent der Befragten trauen es der Bundesregierung zu, "einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen Österreichs zu leisten". Die Landesregierungen schneiden mit 36 Prozent sogar noch schlechter ab. Der Sozialpartnerschaft wird in dieser Frage noch am meisten vertraut, immerhin 48 Prozent sprechen ihr Lösungskompetenz zu.

Was sich die Befragten wünschen, sind weitreichende Reformen. Quer durch alle Altersgruppen und sozialen Schichten fordern rund 80 Prozent einen Strukturwandel - vor allem Änderungen in den Bereichen Bürokratie, Steuern und Abgaben sowie ein Abbau politischen Einflusses. Es sei notwendig, "sichtbare und spürbare Strukturreformen bei Ländern und Bund durchzuführen", so das Fazit der Studie. Vertrauen müsse durch weniger Parteipolitik und mehr Veränderungsbereitschaft zurückgewonnen werden und erstellt gehöre ein längerfristiges Zukunftskonzept.

Lösungsansätze und Vorschläge der Politik

Um die heimische Wirtschaft anzukurbeln, plant die Regierung Maßnahmen wie ein Förderungspaket für Start-up-Firmen. Ökonom Friedrich Schneider begrüßt es, merkt jedoch an: "Kurzfristig wird es nichts ändern. In Österreich gibt es keine Kultur des Scheiterns - wer einmal versagt, wird stigmatisiert." Für einen Unternehmerstaat brauche es also nicht nur Gesetzesänderungen, sondern auch eine Änderung der Kultur.

Reformen wie die Registrierkassenpflicht sieht Schneider kritisch, die Umsetzung sei mangelhaft und die Umsatzgrenze sei von Anfang an zu niedrig angesetzt. Einer Arbeitszeitverkürzung, wie Kanzler Christian Kern sie zur Diskussion stellt, kann der Volkswirt nichts abgewinnen: "Man muss flexibel sein." Mangelnde Flexibilität sei neben den hohen Lohnnebenkosten eines der Hauptprobleme des Wirtschaftsstandorts Österreich.

Zum Thema Brexit sagt Schneider, dass man Firmen, die deswegen erwägen könnten, aus Großbritannien abzuwandern, für den heimischen Standort gewinnen könnte. Österreich sei attraktiv, betrachte man die geographische Lage und die hohe Lebensqualität. Sollten die gesetzlichen Rahmenbedingungen noch verbessert werden, könne man so den internationalen Ruf stärken.