Warschau/Prag - Die tschechische wie die polnische Regierung stehen nach innenpolitischen Turbulenzen auf eher wackligen Beinen. Ein Umstand, der im Hinblick auf die anstehenden Referenden zum EU-Beitritt für Verunsicherung sorgt: Was die Regierungen beider Länder unbedingt vermeiden wollen, sind Neuwahlen, die den EU-Gegnern eine breite Plattform bieten könnten.
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Seit Polens Ministerpräsident Leszek Miller nach einem Streit zwei Regierungsmitglieder der Bauernpartei PSL aus der Regierung geworfen hat, versucht er mit einer Minderheitsregierung über die Runden zu kommen. Die polnische EU-Ministerin Danuta Hübner meinte im Gleichklang mit der EU-Kommission, dass der Koalitionsbruch jedenfalls den Euroskeptizismus im Land nicht fördern sollte. Das Ziel eines EU-Beitritts sei nicht gefährdet, der derzeitige Zustand der Regierung ein "stabiler", so Polens Premier. Letzteres wird allerdings bezweifelt.
Die tschechische Regierung, mitten in den Vorbereitungen für das EU-Referendum am 15./16. Juni, ist ebenfalls unter Druck geraten. Nach dem Sieg des konservativen Oppositionellen Vaclav Klaus über den Regierungskandidaten Jan Sokol bei den Präsidentschaftswahlen steht ein ausgewiesener EU-Kritiker an der Spitze des Staates. Tschechiens Regierungschef Vladimir Spidla hat aus der Wahlschlappe bereits die Konsequenzen gezogen und wird am 11. März im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Ein gewagtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass Spidlas Regierungskoalition nur eine hauchdünne Mehrheit hat und einige seiner Parteikollegen bei der Präsidentenwahl am vergangenen Freitag das Lager gewechselt haben. Auch in Prag wird daher über die Bildung einer von den Sozialdemokraten geführten Minderheitsregierung nachgedacht.
Was man sowohl in Polen als auch in Tschechien auf alle Fälle vermeiden will, sind zeitgleich mit dem EU-Referendum stattfindende Neuwahlen. Denn die Abstimmung über den EU-Beitritt sollte von Sachfragen und nicht von emotionsgeladenem, internem Hick-Hack überlagert werden, so die Überlegungen.