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Verwalter der Republik

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

SPÖ und ÖVP schicken Günter Geyer und Wolfgang Leitner in die neue Staatsholding.


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Wien. Der Eine hat Osteuropa für die Wiener Städtische erobert, gilt als stiller Berater von Kanzler Faymann und züchtet Bienen. Der Andere hält ein Drittel des erfolgreichen Anlagenbauers Andritz, ist kein Freund von Russland-Sanktionen und laut "Forbes" 736st reichster Mann der Welt. Mit Günter Geyer, Aufsichtsrat der Vienna Insurance Group (VIG), und Andritz-Chef Wolfgang Leitner setzt die Bundesregierung zwei richtige Wirtschaftskapazunder in die neu aufgestellte Staatsholding ÖBIB, wie die Regierung am Donnerstag bestätigte.

Geyer zieht mit einem SPÖ-Ticket in die Staatsholding. Seit Mittwochabend steht mit Leitner auch der ÖVP-Kandidat für das Führungsteam der reformierten Holding, welche die Staatsbeteiligungen an der Post, der OMV und Telekom verwaltet, fest.

Beide sitzen als unabhängige, ehrenamtliche Experten zusammen mit den Staatssekretären Sonja Steßl (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) im Führungskomitee der ÖBIB. Das Gremium entscheidet über jene 18 Aufsichtsräte, die ein Mandat in den Beteiligungsunternehmen bekommen. Also für die ÖBIB in der Post, OMV und Telekom sitzen. Das Komitee steht dem neuen Geschäftsführer der ÖBIB - diese agiert jetzt als GmbH - als eine Art Beirat zur Seite. Die Stelle an der Spitze der Staatsholding ist allerdings noch nicht besetzt und wird offiziell ausgeschrieben.

Der Mächtige im Hintergrund

Günter Geyer ist 70 und im Juni in den Aufsichtsrat der VIG zurückgekehrt. Er war von 2001 bis 2012 CEO des Versicherungskonzerns. In diese Zeit fällt auch die starke Osteuropa-Expansion des Unternehmens, die Geyer maßgeblich vorangetrieben hat.

Geyer stammt nach eigenen Angaben aus einfachen Verhältnissen und hat Jus studiert. 1974 begann er seine Karriere bei der Wiener Städtischen Versicherung, die heute Hauptaktionärin der VIG ist. Geyer ist politisch bestens vernetzt und gilt als Vertrauter und Berater von Bundeskanzler Werner Faymann. Dieser soll sich immer wieder Rat beim Versicherungsexperten holen.

Geyer sprach sich öffentlich auch immer wieder für Vermögens- und Erbschaftssteuern aus. Noch im Sommer hat er in einem "Format"-Interview beteuert, nicht in die ÖIAG einziehen zu wollen. "Ich habe zu wenig Zeit dafür", sagte er. Außerdem zeigte er sich mit der damaligen Aufstellung der Holding unzufrieden. Jetzt wird er selbst Aufsichtsräte bestimmen.

Von der ÖIAG in die ÖBIB

Kaum hat sich Wolfgang Leitner im Dezember aus dem Noch-ÖIAG-Aufsichtsrat verabschiedet, schickt ihn die ÖVP wieder in die neu konstruierte Staatsholding. Leitner ist Sohn eines Schlossers und hat Chemie in Graz studiert. Der 61-Jährige begann seine Karriere als Unternehmensberater bei McKinsey. 1986 gründete er mit seinem ehemaligen Studienkollegen und späteren Wirtschaftsminister Martin Bartenstein das Pharmaunternehmen Genericon.

Ein Jahr nach der Unternehmensgründung wurde Leitner zudem Finanzvorstand des steirischen Anlagenbauers Andritz. 1994 wurde er Vorstandsvorsitzender. Leitner ghört zur Liga der reichsten Österreicher. Er hält über die Custos Privatstiftung zirka ein Drittel an der Andritz AG. Sein Vermögen wird derzeit auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt. Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" listet ihn zuletzt auf Platz 736 in seinem Milliardärsranking. Im Juli 2014 zog Leitner in den sich damals noch selbst erneuernden Aufsichtsrat der ÖIAG. Im Dezember hat er diesen "aus Zeitgründen" verlassen, wie er damals sagte.