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Änderungsbedarf bei Beamten. | Großbritannien überträgt Verwaltung an Private. | Wien. Wo liegen die Grenzen der Zusammenarbeit zwischen Staat und Privat? Was bedeutet New Public Management, und welche Managementwerkzeuge braucht Österreichs Verwaltung? Anlässlich des Fünf-Jahres-Jubiläums der BBG Bundesbeschaffung GmbH, des zentralen Einkäufers des Bundes, versuchte am Donnerstag eine Expertenrunde unter Moderation von Andreas Unterberger, Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Antworten auf diese Fragen zu finden.
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Zwar hätte sich bei der Reform der Verwaltung auf Bundesebene bereits viel getan, doch müsse der eingeschlagene Weg noch weiter beschritten werden, erklärte etwa Stefan Mara von der Industriellenvereinigung. "Wir brauchen eine echte Aufgabenreform in den einzelnen Ressorts. Jeder muss sich fragen, ob er das Richtige mit den richtigen Mitteln tut und wo es Einsparungspotential gibt", so Mara. Durch die Einführung von Globalbudgets, über die die einzelnen Abteilungen frei verfügen dürfen, sowie durch den Einsatz moderner Managementwerkzeuge könnte die Verwaltung wesentlich effizienter und bürgerfreundlicher werden. "Wenn Führungskräfte die richtigen Werkzeuge zur Verfügung gestellt bekommen, können sie viel erreichen", so Mara.
Beamtendienstrecht
Vor allem im Bereich des Beamtendienstrechts ortete Bernhard Raschauer, Professor und Verwaltungsexperte an der Universität Wien, großen Modernisierungsbedarf: "Es ist heute nicht mehr nachvollziehbar, warum eine kleine Gruppe von Österreichern bestimmte Privilegien genießt. Loyalität und hoheitliche Aufgaben sind schon lange kein geeignetes Argument mehr." Er sprach sich dafür aus, im öffentlichen Dienst nur mehr Angestellte zu beschäftigen - mit Ausnahme der Richter, die einem besonderen Schutz unterliegen sollen. Gleichzeitig sollten die Verwaltungsbehörden entlastet werden, um effizienter und schneller arbeiten zu können, denn "es werden immer neue Genehmigungspflichten normiert und den Behörden aufgebürdet". Bereits im März 2001 hatte Raschauer vorgeschlagen, ganze Gesetze ersatzlos aufzuheben. Geschehen sei bisher allerdings wenig. Gleichzeitig leisteten sich die Bundesländer oftmals Parallelstrukturen, die ebenfalls wertvolle Kapazitäten binden würden. "Wozu brauchen wir neun Landesschulbehörden und eine Bundsschulbehörde oder zehn Gesetzgeber", fragte Raschauer provokant.
Dem widersprach Manfred Matzka, Sektionschef im Bundeskanzleramt: "Teuer sind nicht die zehn Gesetzgeber, sondern parallele Strukturen, die ein und dasselbe Thema bearbeiten." Hier könnten Ebenen und somit öffentliche Gelder eingespart werden, etwa im Bereich der neun Bauordnungen oder Sportförderungen. Zum Beamtendienstrecht sieht auch Matzka Alternativen; etwa im Bereich von mehr Mobilität, um Mitarbeiter auch in anderen Dienststellen einsetzen zu dürfen. Zur Steigerung der Motivation der öffentlich Bediensteten schlug er ein leistungsbezogenes Gehalt in Verbindung mit individuell vereinbarten Zielen vor: "Wer die Ziele erreicht, bekommt 105 Prozent, wer sie verfehlt, nur 95 Prozent."
Gute Ausgliederungen
Einig waren sich die Diskutanten hingegen, dass Ausgliederungen eine geeignete Möglichkeit seien, um öffentliche Stellen flexibler und damit oft auch erfolgreicher zu gestalten, wie das Beispiel der BBG Bundesbeschaffung oder der Statistik Austria zeige. Außerdem würde die Motivation und die positive Einstellung der Mitarbeiter gegenüber Reformen wesentlich gesteigert, was sich vorteilhaft auf die Kultur und das Selbstverständnis der Verwaltung auswirke.
Doch gäbe es auch weniger erfolgreiche Beispiele, etwa die Ausgliederung der Museen oder der Universitäten. Matzka sprach sich aber dagegen aus, jede hoheitliche Tätigkeit auszugliedern. Vor allem existentielle Dinge wie etwa das Schulwesen sollten auch weiterhin öffentlich verwaltet bleiben. Für ihn sei es auch vorstellbar, gescheiterte Ausgliederungen wieder rückgängig zu machen.
Für Gabriela Zuna-Kratky, Direktorin des ausgegliederten Technischen Museums Wien, liegt eines der Probleme der Privatisierungen im Nebeneinander unterschiedlicher Dienstrechtsformen. In ihrem Haus arbeiten sowohl Beamte als auch Angestellte. "Die eine Hälfte hat Privilegien wie Biennalsprünge oder Jubiläumsgelder, die andere nicht. Das schadet vor allem der Motivation", so die Direktorin. Bei der Ausgliederung wären die beamteten Mitarbeiter übergeben worden, ohne sich zu überlegen, wie man flexibler werden sollte. Gleichzeitig wurde das Budget gedeckelt, ohne Rücksicht auf Gehaltssteigerungen zu nehmen, kritisiert Zuna-Kratky: "Wenn ich mit dem Geld nicht auskomme, heißt es, ich hätte halt schlecht gewirtschaftet."
Beispiel East Riding
Eine spezielle Form der Privatisierung zeigte Christoph Baron vom Dienstleistungsunternehmen Arvato, einer Bertelsmanntochter. Seit einem Jahr führt das private Unternehmen die Verwaltung im englischen Bezirk East Riding in Yorkshire. Arvato betreibt etwa die Bürgerbüros, kassiert Steuern ein oder zahlt Wohnzuschüsse an Bedürftige aus. Dabei wurden alle 500 Mitarbeiter der Verwaltung East Ridings samt ihren Privilegien übernommen. Nach Ablauf des Projekts, das für acht Jahre ausgeschrieben worden ist, können die Mitarbeiter dann wieder in ihr bisheriges öffentliches Umfeld zurückwechseln, ohne auf dienstrechtliche Sicherheiten (Kündigungsschutz, Pensionen) verzichten zu müssen.
Angst, dass bestimmte Leistungen aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht mehr angeboten würden, braucht man hingegen nicht zu haben. "Im Privatisierungsvertrag mit der Verwaltung sind alle zu erbringenden Leistungen aufgelistet", erklärte Baron. Darüber hinaus werden die Ziele vertraglich klar definiert - etwa die Dauer von Verwaltungsabläufen - und regelmäßig evaluiert. Bei Erfolg oder Misserfolg gibt es ein Bonus- und Malussystem. Der Vorteil der Auslagerung öffentlicher Aufgaben liegt für Baron vor allem in der Flexibilität, die besonders bei privaten Unternehmen gegeben ist. Sind PPPs (Public-Private-Partnerships) auch für Österreich denkbar? "Auf jeden Fall", so Baron, für den East Riding nur der Anfang als Dienstleister im öffentlichen Bereich ist.