Präsidentin des Unabhängigen | Finanzsenats | befürchtet Rückstau. | Entscheidungsspielraum ist stark eingeschränkt. | Wien. Der Entwurf der Expertenkommission des Bundeskanzleramtes zur Verfassungsreform lässt auch das Steuerrecht nicht unberührt. Die Aufgaben des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) sowie der Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) sollte das neue Bundesverwaltungsgericht wahrnehmen. Demnach entscheidet in erster Instanz das Finanzamt, gegen dessen Entscheidung das Bundesverwaltungsgericht angerufen werden kann.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bei einer Veranstaltung des Juristenverbandes warnt UFS-Präsidentin Daniela Moser vor einem Rückstau von Beschwerden durch den Aufbau einer neuen Beschwerdeinstanz. Sie spricht aus Erfahrung, denn erst 2003 wurden die UFS eingerichtet. Der finanzielle und zeitliche Aufwand zur Einrichtung sei enorm. Daher würde sie eine eigene Finanzgerichtsbarkeit anstelle einer Eingliederung in das Bundesverwaltungsgericht vorziehen. Auch den Vorschlag für ein einheitliches Verfahrensrecht von Steuer- bis Asylrecht hält sie für wenig realistisch. "Die Verwaltungsmaterien sind einfach zu verschieden."
Gericht mit Schranken
Das Bundesverwaltungsgericht kann zwar in der Sache selbst entscheiden, darf aber gleichzeitig nur das Ermessen der Behörde kontrollieren. Diese Einschränkung der Überprüfung hält Michael Tanzer, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, für problematisch. Steht der Sachverhalt fest, hat das Verwaltungsgericht keine Möglichkeit, den Bescheid aufzuheben und an das Finanzamt zurück zu verweisen.
Kritisch sieht der Finanzrechtsexperte auch das Verböserungsverbot, das den Erlass eines Bescheids, der nachteiliger als der angefochtene Bescheid ist, unzulässig macht. Damit wird der Entscheidungsspielraum des Verwaltungsgerichts erheblich eingeschränkt.
Steuerberater Michael Kotschnigg hat in dem Entwurf sogar die eine oder andere Gefährdung des Rechtsstaats entdeckt. Das Experten-Papier enthält nämlich nur Verfassungsbestimmungen - einfachgesetzliche Regelungen, um den Rechtschutz zu gewährleisten, sind ausgeblieben.
Probleme hinsichtlich des Rechtsschutzes ortet auch Moser. Das Neuerungsverbot sei "ein Rückschritt im Rechtschutz, da später keine Beweisanträge mehr gestellt werden können."
Unklarheiten gibt es, was die Beschwerdemöglichkeiten an den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof betrifft. Derzeit werden zwei Modelle diskutiert: Beim Zulassungsmodell entscheidet das Verwaltungsgericht, ob es die Beschwerde annimmt und an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) weiterleitet. "Dies hätte den Vorteil, dass man erst nach Zulassung die ganze Beschwerde ausformulieren müsste und würde dem Beschwerdeführern viel Arbeit ersparen", meint Karl Stöger vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht.
Tanzer hingegen präferiert ein Ablehnungsrecht des VwGH, wenn der Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. "In Deutschland sind 70 Prozent der höchstgerichtlichen Beschwerden Nichtzulassungsbeschwerden. Da wird nur noch über die Auslegung von der Auslegung diskutiert."