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Verwaltungsgerichtsbarkeit Neu: Eine Anleitung vom Chef

Von Katharina Schmidt

Politik

Präsident Perl erklärt, wie Beschwerden laufen, und nimmt zu Kritik Stellung.


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"Wiener Zeitung": Was ändert sich konkret am 2. Jänner?Harald Perl: Wenn jemand Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung hat, kann er - ohne langen Instanzenzug - direkt eine Überprüfung durch ein Verwaltungsgericht herbeiführen.

Machen wir das an einem Beispiel fest: Was mache ich, wenn mir vom Arbeitsmarktservice eine Bildungskarenz verwehrt wird?

Dann können Sie gegen die Entscheidung beim AMS eine Beschwerde einbringen. Diese wird entweder nach einer Beschwerdevorentscheidung oder direkt dem Verwaltungsgericht vorgelegt.

Eine Beschwerdevorentscheidung?

Aufgrund einer Beschwerde kann eine Behörde ihre Entscheidung abändern. Wenn die Partei damit zufrieden ist, ist das Verfahren beendet. Sollte der Betroffene dennoch finden, dass die Vorentscheidung nicht rechtsrichtig ist, kann er die Vorlage an das Verwaltungsgericht verlangen.

Das heißt aber, dass sich das AMS an das Verwaltungsgericht wenden kann und nicht die Person.

So ist es. Sie kommen aber direkt ans Verwaltungsgericht, es gibt keinen verwaltungsrechtlichen Instanzenzug mehr. Und es gibt keinen Anwaltszwang.

Apropos: Die formellen Voraussetzungen für eine Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht werden im Vergleich zu den Unabhängigen Verwaltungssenaten als zu streng eingestuft. Der Zugang zum Recht könnte so schwieriger werden.

Ich sehe das nicht als schwieriger an. Natürlich orientiert sich das Verwaltungsgericht am Beschwerdevorbringen. Aber eine Beschwerde wird im Regelfall nicht an den formellen Voraussetzungen scheitern.

Was ist, wenn ich nicht in der Lage bin, mein Problem verständlich zu schildern?

Das Entscheidende ist, dass ich darlegen kann, welche Entscheidung bekämpft wird und warum. Die Frage der Wortwahl ist nicht das Problem. Im weiteren Verfahren kann ich das, was ich mit der Beschwerde gemeint habe, in einer Verhandlung persönlich darlegen.

Wann gibt es eine Verhandlung?

Wenn ein Sachverhalt im Zweifel steht und es um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Partei oder eines Zeugen geht. Das ist im Einzelfall zu entscheiden. Ich bin überzeugt, dass es darüber, wann eine Verhandlung stattfinden wird, eine höchstgerichtliche Judikatur geben wird.

Es gab harsche Kritik an politisch motivierter Besetzung der Richterstellen. Was sagen Sie dazu?

Die bestellten Richter sind ausgewiesene Experten in ihren jeweiligen Gebieten und haben die besten Voraussetzungen für den Richterberuf.

Aber sie sind keine Richter.

Sie sind richtige Richter: Sie sind verfassungsmäßig zu Richtern ernannt, genauso wie die Richter des Verwaltungsgerichtshofs. In dienst- und besoldungsrechtlicher Hinsicht gelten für sie die Bestimmungen des Richter- und Staatsanwältedienstgesetzes. Es sind Verwaltungsrichter, sie haben entsprechende berufliche Erfahrung und Dienstprüfungen.

Es war zu hören, dass aus den UVS Personal übernommen wurde, ohne dass die fachliche Eignung ausschlaggebend gewesen wäre.

Wenn Kollegen aus einem speziellen Bereich aufgenommen werden, heißt das ja nicht, dass derjenige nur dieses eine Gebiet behandeln darf. Keiner der Richter entscheidet nur in einem einzelnen Fachgebiet.

Wurden die Referenten und juristischen Mitarbeiter nach ihren Befähigungen ausgesucht?

Kollegen werden in dem Bereich, in dem sie vorher gearbeitet haben, weiterhin eingesetzt, aber wir haben viele, die eine allgemeine Befähigung mitbringen.

Sie haben zwei Jahre an der Umsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Neu gearbeitet, gab es überhaupt keine Pannen?

Erfreulicherweise nein.

Das glaube ich Ihnen nicht.

Es gab genügend Zeitreserven, es war aber ein großer Aufwand. Jetzt müssen wir den Praxistest bestehen.