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In einem Online-Artikel verlinkte das Nachrichtenportal Lakome auf die spanische Zeitung "El Pais", wo sich Al-Kaida-Propaganda fand.
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Ali Anouzla ist Journalist und sitzt in Marokko im Gefängnis, weil er beschuldigt wird, Terrorismus zu verherrlichen, zu unterstützen und dazu anzustacheln. Der Stein des Anstoßes ist ein Artikel, der auf "Lakome.com" erschienen ist, einem Internet-Nachrichtenmedium, dessen Chefredakteur er ist. Darin geht es um ein Video von Al-Kaida im Maghreb, das als "Propaganda" beschrieben und kritisiert wird. In dem Artikel fand sich allerdings auch ein Link zur spanischen Qualitätszeitung "El País", die das terroristische Video mit dem Titel "Marokko: Königreich der Korruption und des Despotismus" online gestellt hat. Dass er seinen Lesern auf diese Weise Zugang zum Video verschaffte, brachte Anouzla am
17. September die Verhaftung ein. Kritiker glauben, dass das Einschreiten aufgrund eines Links, der auf die Seite einer europäischen Zeitung verweist, die ohnedies auch so zugänglich wäre, nur ein Vorwand ist, um eine alte Rechnung zu begleichen. Lakome hat nämlich aufgedeckt, dass König Mohammed VI. anlässlich der Feierlichkeiten zu seinem Thronjubiläum im Juli einen verurteilten spanischen Kinderschänder begnadigt hat, der sich selbst dabei gefilmt hatte, wie er elf Kinder vergewaltigte, von denen das jüngste vier Jahre alt war. Der königliche Pardon soll angeblich auf die Bitte des spanischen Königs hin erfolgt sein, weil der Pädophile ein Spion war, der beim Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein geholfen hat.
Resultat der Begnadigung waren wütende Proteste der Bevölkerung und eine starke Beschädigung des Ansehens des Königs. Nun sei die Gelegenheit gekommen, es Lakome und ihrem Chefredakteur Anouzla heimzuzahlen, glauben dessen Unterstützer.
"Wenn ein Fall das allgemeine Interesse betrifft, sollte der Journalist dafür belangt werden", sagte Justizminister Mustapha Ramid. Er erklärte, dass das Video eine Bedrohung der marokkanischen Bürger und der nationalen Sicherheit darstelle. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen wiederum werfen den marokkanischen Behörden vor, dass sie nicht zwischen Berichterstattung über und Unterstützung von Terrorismus unterscheiden könnten. Offenbar missfällt die Verhaftung sogar im eigenen Königshaus: Der Cousin des Königs, Prinz Moulay Hicham, schrieb in einem Kommentar in der "Alif Post", dass die Verhaftung Anouzlas einen weiteren "Übergriff auf die Pressefreiheit" darstelle. Nebenbei gab auch er an, dass die Regierung nach dem Kinderschänder-Skandal lediglich "auf die Gelegenheit gewartet hat, um den Journalisten mundtot zu machen.