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Verwirrender Terminkalender für heimische Steuerzahler

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Es war schon spät nachts, als der Mann sein Kuvert in den Einwurfkasten des Finanzamtes einsteckte. Gestern, Mittwoch, war ja der große Einreich-Stichtag für die Steuererklärungen des Vorjahres, | und der nächtliche Aktionist wollte offenbar seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen. Der Mann ist damit eine jener rühmlichen Ausnahmen, die diesen wichtigen Termin überhaupt noch wahrnehmen. | Denn die überwiegende Mehrzahl der heimischen Steuerzahler läßt den einst so gefürchteten März-Ultimo beziehungslos vorbeiziehen. Kein Wunder: Österreichs wichtigstes offizielles Steuerdatum ist | zahnlos geworden und beißt nicht mehr.


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Nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung sollten die 240.000 heimischen Einkommensteuerpflichtigen ihre Jahreserklärungen 1998 eigentlich bis gestern bei den zuständigen Finanzämtern

eingereicht haben. Aber schon für jene, die in ihren Formularen · neben anderen · auch Einkünfte aus Lohn, Gehalt oder Pension anführen müssen, verschiebt sich dieser Termin auf Mitte Mai, diesmal

auf den 17.5.1999.

Dieses Datum wird man im Gesetz vergeblich suchen, es ist ein Termin, der "aus Gründen der Bürgernähe" von der Finanz erlaßmäßig konzediert wird und nur in den finanzinternen Veranlagungsrichtlinien

festgeschrieben steht.

Sondertermin der

Treuhänder

Daß nur wenige physische und juristische Steuerpflichtige dem letzten März-Tag steuerliche Beachtung schenken, hängt auch damit zusammen, daß viele Steuerfälle durch Wirtschaftstreuhänder

betreut werden, die von Berufs wegen mit der Finanz andere Einreichtermine ausgehandelt haben · im äußersten Fall sogar bis zum Frühjahr des Zweit-Folgejahres. Zwar werden die Treuhänder in diesem

Punkt von der Verwaltung rigoros kontrolliert, doch ergibt sich dadurch für manche Steuerzahler dennoch eine nicht unerhebliche Verzögerung bei zu erwartenden Steuernachzahlungen.

Auch Immobilienverwalter dürfen die Umsatzsteuer- und Gemeinschaftserklärungen der von ihnen betreuten Objekte "schieben", allerdings nicht so großzügig wie die Steuerberater; für sie gilt der 30.

Juni des Folgejahres als Deadline.

Unterschiedliche

Arbeitnehmertermine

Für die "echten" Arbeitnehmer-Steuererklärungen ist entscheidend, ob es sich um freiwillig eingeleitete ("beantragte") Steuerverfahren handelt oder um Pflichtveranlagungen.

Im ersteren Fall könnte man sich bis zu fünf Jahren Zeit lassen (heuer läuft daher gerade die Frist für 1994 ab), aber das ist eher seltene Theorie, weil die Sehnsucht nach dem vermeintlichen

Steuerrefund viele Einreicher schon am 2. Jänner danach aktiv werden läßt.

Für Arbeitnehmer-Pflichterklärungen (etwa: weil man im Vorjahr gleichzeitig aus mehreren Dienstverhältnissen verdient hat) könnte die Abgabefrist nicht lang genug sein, die Finanz hat sie großmütig

(man weiß schon: "aus Gründen der Bürgernähe") erlaßmäßig auf den 30. September verlegt.

Fristverlängerungen

sind möglich

Wenn man sich tatsächlich selbst an die Ausarbeitung der Steuererklärungen heranwagt, aber terminlich nicht zu Rande kommt, akzeptiert die Behörde auch ein Fristverlängerungsansuchen · sogar ohne

Stempelmarke. Je nach Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit der dazu vorgebrachten Argumente gewähren die Ämter die vom Antragsteller selbst vorgeschlagene Zufrist: einige Wochen bis zu

einigen Monaten.

Viele Termin-Bittsteller warten dazu freilich vergeblich auf eine Antwort der Behörde und sind entsprechend verwirrt: tatsächlich gilt diesfalls die beantragte Terminverlegung als gewährt. Andere

Ämter schicken wiederum eine barsche Abweisung, verbunden mit dem Hinweis, daß die Steuererklärungen bis zur erbetenen Nachfrist als "fristgerecht eingereicht" gelten. Ein Amtstrick, der erst recht

Verwunderung auslöst.

Risiko

Verspätungszuschlag

Wer Steuererklärungen oder Fristerstreckungsansuchen nicht termingerecht abliefert, riskiert einen Verspätungszuschlag bis zu 10% der Steuervorschreibung. Diese strenge gesetzliche Regelung ist

allerdings eine Ermessensbestimmung, die in der Praxis der Steuerbehörden nicht ganz so penibel angewendet wird. Derlei Zuschläge werden tatsächlich nur in offensichtlichen (bewußten)

Verspätungsfällen angewendet.

In entschuldbaren Fällen (was wiederum von der Überzeugungskraft der Entschuldigungsgründe abhängt) oder wenn ein Steuerzahler der vertretbaren Ansicht war, keine Steuererklärung abgeben zu

müssen, entfällt der Zuschlag.

Werbungskosten-Termin

30. Juni

Der etwas verwirrende Terminkalender für die Steuerzahler ist übrigens nicht bloß auf die Erklärungstermine beschränkt. Es sind vor allem die unterschiedlichen Antragsfristen, die manchen Bürger

in die Falle locken. So ist weithin unbekannt, daß Lohnsteuerpflichtige, die Berufsausgaben (Werbungskosten) von 12.000 Schilling jährlich (oder mehr) glaubhaft machen können, bis 30. Juni einen

Freibetragsbescheid für das laufende Jahr beantragen können (sofern sie nicht bereits einen haben); diesfalls gewährt die Finanz den Freibetrag auch gleich für alle Sonderausgaben und

außergewöhnlichen Belastungen, so daß man nicht erst auf den Jahres-Steuerbescheid warten muß, irgendwann im Folgejahr.

Ungleiche

Beihilfentermine

Einkommensteuerzahler klammern sich an den 30. September, wenn sie ihre vermeintlich zu hohen Vorauszahlungen für das laufende Jahr herabsetzen oder gar nullstellen lassen wollen.

Unterschiedlichkeiten gibt es auch im Familiensteuerrecht. Während ein Anspruch auf Familienbeihilfe oder auf die "familiären" Absetzbeträge bis 5 Jahre zurück geltend gemacht werden kann,

müssen Mutter-Kind-Paß-Bonus oder Kleinkindbeihilfe innerhalb von zwei Jahren ab Kindesgeburt angefordert werden. Da ist es erfreulich, daß für den neuen Mehrkindzuschlag wiederum die 5-Jahre-Regel

gilt.

Wichtige

Sondertermine

Gerade in diesem Jahr gibt es übrigens drei zusätzliche wichtige Steuertermine, deren Nichtbeachtung zu unerwünschten steuerlichen Auswirkungen führen könnte. So ist der 30. Juni 1999 das

vorläufig letzte Antragsdatum für jene Betriebe, die seinerzeit versteuerte Jubiläumsgeldrückstellungen jetzt wieder "entsteuern" lassen wollen. Vorläufig deshalb, weil eine Verlängerung dieser

Antragsfrist möglich ist.

Der 31. Dezember 1999 ist nicht nur ein letzter Optionstermin für jene, die an den Wirkungen der Liebhabereiverordnung alter Rechtslage interessiert sind, sondern auch der Schlußtermin für

Immobilienbesitzer, die es bis dahin nicht geschafft haben, ihre noch unverbrauchten (steuerlichen) Mietzinsreserven durch Baumaßnahmen zu verbrauchen.