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Verwirrspiel um Schulautonomie

Von Brigitte Pechar

Politik

Die ÖVP signalisiert Zustimmung, aber die Grünen vermuten, dass die ÖVP das Schulautonomiepaket gar nicht will.


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Wien. Bundeskanzler Christian Kern trifft am Dienstag die Klubobleute im Parlament, um auszuloten, bei welchen Verfassungsmaterien man noch vor der Wahl zu einem Beschluss kommen könnte. Wobei ihm die Schulreform ein großes Anliegen ist, aber auch die Gewerbeordnung und Fragen des Wirtschaftsrechts - Stichwort Staatszielbestimmung - sind dem Kanzler wichtig.

Neben den sechs Klubobleuten - FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache lässt sich von Harald Stefan vertreten - nehmen auch der designierte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz sowie Vizekanzler Helmut Brandstetter an den Gesprächen teil. Die ÖVP wünscht sich etwa die Abschaffung der kalten Progression oder eine Anpassung der Familienbeihilfe im Ausland. Die Grünen drängen auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, die Neos auf das Ende der kalten Progression und das Team Stronach auf eine Verwaltungsreform.

"Ich appelliere an die Verantwortung aller", das "Ermöglichungspaket, um Schulen neu zu gestalten", jetzt zu beschließen, sagte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid am Montag in einer Pressekonferenz. Sie geht davon aus, dass die Zustimmung der ÖVP zum Paket nach wie vor steht. Am Montag bestätigte Wirtschaftsminister Harald Mahrer: "Unser Ziel ist immer noch ein Beschluss." Es liege aber nun bei den Grünen und der FPÖ, das Vorhaben zu unterstützen. Die Regierung braucht die Zustimmung einer der beiden Parteien, weil Teile des Paketes eine Zweidrittelmehrheit im Parlament brauchen.

Kurz will fertigePunkte umsetzen

Auch Kurz bestätigte die Bereitschaft der ÖVP: "Wir haben immer betont, dass wir bis Sommer die fertigen Punkte des Regierungsprogramms umsetzen wollen. Das gilt auch für die Schulautonomiefrage." Mit der Opposition würden Gespräche geführt.

Die FPÖ wird für das Schulautonomiepaket sehr wahrscheinlich nicht zu gewinnen sein, aber Zurückhaltung kommt auch von den Grünen, die die Schulautonomie grundsätzlich wollen. Bildungssprecher Harald Walser will hier noch einige Änderungen durchsetzen, "über die wir seit zwei Jahren verhandeln", wie er zur "Wiener Zeitung" sagte. Dabei sieht er sich mit der SPÖ völlig einig, allerdings vermutet Walser, dass die ÖVP das Schulautonomiepaket gar nicht umsetzen will. Deshalb schiebe sie den Grünen nun die Verantwortung zu. "Aber den Schuh lassen wir uns nicht anziehen", betonte Walser, "die ÖVP muss sich bewegen."

Änderungswünsche der Grünen betreffen etwa die Schulfinanzierung nach einem Chancenindex (sogenannte Brennpunktschulen sollen mehr Mittel erhalten), die Schulleiterbestellung, wo die GÖD-Zentrale in Wien die beiden Arbeitnehmervertreter bestimmen soll - die Grünen befürchten hier eine ÖVP-Dominanz. Außerdem wollen die Grünen Aufgaben und Finanzierung des Schulsystems in einer Hand. Auch bei den Schulclustern wünschen sich die Grünen, dass nicht nur Pflichtschulen und Bundesschulen Cluster bilden können, sondern, dass dies auch schulübergreifend erfolgen können soll. In Südtirol, wo die Schulautonomie schon seit dem Jahr 2000 implementiert ist, sind solche übergreifenden Cluster möglich und werden dort als besonders positiv beschrieben. Auch dass das gesamte Land Vorarlberg als Modellregion für die Gesamtschule gelten soll, wünschen sich die Grünen.

Hammerschmid gegen Teilbeschlüsse der Schulreform

Was Bildungsministerin Hammerschmid nicht will, ist, dass das Paket in Teile zerlegt wird und nur jene Teile beschlossen werden, die keine Zweidrittelmehrheit brauchen. Ein solches Angebot soll von ÖVP-Seite gekommen sein. Sämtliche Regelungen spielten stark zusammen und seien miteinander verzahnt, sagte die Ministerin. Derzeit sei man mit allen Parteien in Verhandlungen - bei "einem Fünkchen guten Willens" gehe sie davon aus, dass sich die nötigen Mehrheiten finden lassen.

Rat aus Südtirol:Einfach machen

Um neuerlich die Notwendigkeit der Schulreform zu untermauern, hat Hammerschmid den Schulamtsleiter von Südtirol, Peter Höllriegl, und zwei Direktoren, Franz Tutzer und Josef Watschinger, eingeladen. Die beiden erzählten, dass es in Südtirol keine Widerstände gegen die Einführung der Schulautonomie gegeben habe, dass die Umsetzung des Projekts aber einige Jahre erfordere. Jetzt könnten sich die Lehrer gar nicht mehr vorstellen, wie es vorher gewesen sei. Direktor Watschinger rät, nicht lange darüber zu diskutieren, sondern es einfach zu tun. "Man müsste den Mut haben zu sagen, jetzt machen wir den Schritt."