Vom Ölpreisschock über Inflation bei Nahrungsmitteln bis zur internationalen Finanzkrise: Angesichts einer solchen Vielzahl einflussreicher Sonderfaktoren haben es Wirtschaftsforscher mit ihren Konjunktur-Prognosen derzeit alles andere als leicht. Nachdem sich mittlerweile abzeichnet, dass das erste Quartal 2008 - nicht nur in Österreich und in der Eurozone, sondern auch in den USA - besser gelaufen sein dürfte als vorhergesagt, geht das kollektive Rätselraten nun in die nächste Runde. | Besonders weit hat sich dabei am Donnerstag das heimische Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo aus dem Fenster gelehnt: Gleich bis zum Jahr 2012 wollen die Experten das Konjunkturklima vorhersagen. Dabei sind sich durchaus honorige Institutionen selbst bei weniger weitreichenden Prognosen in höchstem Maße uneinig.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das liegt zu einem Gutteil am methodischen Grundübel der zum Einsatz kommenden Rechenmodelle: Obwohl selbst der erfahrenste Wirtschaftsforscher nicht hellsehen kann, wird er nämlich praktisch dazu gezwungen.
So trifft das Wifo bei seiner aktuellen Studie - unter anderem - mittelfristige Annahmen über die Entwicklung des Euro-Dollar-Wechselkurses, des Ölpreises und der Aktienmärkte. In Anbetracht zahlreicher Unsicherheitsfaktoren politischer und ökonomischer Natur wirkt dies zum jetzigen Zeitpunkt allerdings äußerst gewagt. So scheint es zum Beispiel mehr als unklar, wie die Welt die explodierenden Rohstoffpreise über längere Zeit verdauen kann. Die Herausforderungen sind kaum mit denen früherer Krisen - etwa der Energiekrise in den 70er-Jahren - vergleichbar. Umfassende, neue Strategien sind gefragt und könnten zahlreiche Prognosen ad absurdum führen.
Neben Modellrechnungen bedienen sich Wirtschaftsforscher auch gerne methodisch erarbeiteter Stimmungsbilder. Zu den Klassikern zählen Einkaufsmanager-Indizes. In Österreich erstellt etwa die Industriellenvereinigung vierteljährlich ein Konjunkturbarometer. Während die jüngsten Ergebnisse dieser Umfrage - und viele andere Prognosen - eher Pessimismus aufkommen lassen, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, gibt es genug Gegenstudien, die ihrerseits Optimismus versprühen.
Auch der berühmte Minirock-Index gibt Anlass zur Hoffnung: Forscher des Instituts für Demoskopie im deutschen Allensbach schwören darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Konjunktur und Rocklänge gibt. Je kürzer desto besser, lautet die Devise - derzeit ist kniefrei angesagt. Die Zukunft wird weisen, wer recht behält. Gerade Wirtschaftsforscher müssen nämlich in schöner Regelmäßigkeit die Hosen runterlassen und den Test an der Realität antreten.
Alle Beiträge dieser Rubrik unter:
www.wienerzeitung.at/analyse
analyse@wienerzeitung.at