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US-Holocaust- Museum als Vorbild? | Fachwelt reagiert mit Verwunderung. | Wien. Am United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) soll es sich also orientieren - das Haus der Geschichte, das mit zehnjähriger Verspätung im Jahr 2009 in Wien verwirklicht werden soll.
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Während in Österreich seit bald dreizehn Jahren über Standort und Finanzierung diskutiert und gestritten wird, hat das USHMM bereits 1993 die Pforten geöffnet und bisher über 23 Millionen Besucher gezählt. Laut Leitbild will das Museum in Washington über das Verbrechen des Holocausts aufklären und versteht sich als Zentrum für Dokumentation, Lehre und Interpretation seiner Geschichte. Weiters definiert sich das USHMM als Gedenkstätte für die Opfer der Shoa und will seine Besucher zur Diskussion über "intellektuelle und moralische Fragestellungen und die Verantwortung des Bürgers" anregen.
Auf die Frage, wie das US-Holocaustmuseum Orientierungshilfe für die Konzeption eines Hauses der Geschichte leisten könnte, reagiert der Wiener Zeithistoriker Bertrand Perz irritiert. Er könne "überhaupt nicht verstehen", wie "das durchaus durchdachte Konzept" des USHMM, das sich ja ausschließlich mit dem Holocaust befasst, auf ein Wiener Zeitgeschichtemuseum umlegbar sein soll.
Nicht nur Holocaust
So soll im Haus der Geschichte, anders als in Washington, die "Zeitgeschichte Österreichs ab der Mitte des 19. Jahrhunderts" im Mittelpunkt stehen und ein besonderer Schwerpunkt "auf die Zeit von 1918 bis in die Gegenwart" gelegt werden. Ein Holocaust-Museum ist es aber nicht.
"Ich wundere mich schon über diese Ausschreibung", sagt Perz zur "Wiener Zeitung". Demnach seien insgesamt vier Gutachten zum Thema negativ ausgefallen. Vor allem inhaltliche Mängel, das unklare Profil sowie die geplante Organisationsform seien kritisiert worden, verrät der Historiker.
Das Haus der Geschichte dürfe aber nicht mit dem geplanten Simon Wiesenthal Institut verwechselt werden, betont Zeitgeschichtler Ingo Zechner. Zwar hätte es Gespräche über eine Zusammenlegung beider Projekte gegeben, jedoch sei dies derzeit "kein Thema. Das Wiesenthal-Institut ist kein Museum", sagt der Wissenschafter, "sondern ein Archiv, das als Forschungsstätte genutzt werden wird." Zudem sei der Holocaust ein viel "größeres Thema als die österreichische Zeitgeschichte", die Vermengung mache daher keinen Sinn. Dass sich nun das Haus der Geschichte am USHMM orientieren soll, sei inzwischen auch in den USA mit Verwunderung registriert worden, so Zechner.
Für Irritationen sorgten die Pläne auch beim Jewish Welcome Service, deren früherer Leiter, Leon Zelman, die Etablierung des Hauses 1996 angeregt hatte. Man wolle die Sache aber prüfen, hieß es aus dem JWS-Büro.
Dementi von der Politik
Im Bundeskanzleramt weist man die Vorwürfe zurück. Kulturreferentin Waltraud Ortner: "Die Gutachten zum Haus der Geschichte sind für die Road Map angefertigt worden. Auf Basis dessen haben wir das Projekt nochmal evaluiert und dann erst neu ausgeschrieben." Dass sich das Haus der Geschichte am USHMM orientieren soll, will Ortner nicht bestätigen. "Ich bin falsch zitiert worden", sagt sie, "ich habe mich auf die Größenordnung des Museums bezogen, nicht auf den Inhalt." Ergebnisse der Ausschreibung sollen im September vorliegen. Das Projekt werde voraussichtlich im Jänner beschlossen.