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Prozessauftakt am Arbeitsgericht. | ÖGB wirft Ex-ÖGB-Präsident Mitgliederschwund vor. | Wien. "Ich glaube, dass die Entscheidung aus damaliger und aus heutiger Sicht richtig war", sprach Anwalt Georg Schima für seinen Mandanten Ex-ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch am Freitag beim Prozessauftakt im Wiener Arbeits- und Sozialgericht. Dabei ging es in der Verhandlung nicht um die Unterschrift, die Verzetnitsch im Jahr 2001 geleistet hatte, und die den ÖGB für das Bawag-Debakel haften ließ. Vielmehr klagte Verzetnitsch den ÖGB, weil dieser ihn nach seinem Rücktritt als Präsident fristlos entlassen hatte.
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Der langjährige ÖGB-Präsident fordert 845.000 Euro: Das sind 345.000 Euro an Abfertigungsansprüchen, Urlaubs- und Kündigungsentschädigung sowie eine Pension von 500.000 Euro. Das stünde ihm für 36 Jahre Arbeit für den ÖGB auch zu.
ÖGB-Anwalt Anton Ehm lieferte Gründe für Verzetnitschs Fristlose. Der Gewerkschaftsbund verdächtige ihn der Untreue. Er habe keine angemessene Miete für seine Penthouse-Wohnung am Fleischmarkt gezahlt. Dem ÖGB sei dadurch ein Schaden von 300.000 Euro entstanden.
Weiters hat Verzetnitsch laut Ehm mit seinem Verhalten in der Bawag-Refco-Affäre zahlreiche Mitglieder "vergrault". Nachdem im April 2005 die desaströsen Karibik-Geschäfte der Bawag bekannt geworden waren, habe es eine nie da gewesene "Austrittswelle" gegeben. Außerdem stehe es einem Obmann nicht zu, alleine zu entscheiden, ohne die anderen zu informieren.
Das Vier-Augen-Prinzip sei im Statut so vorgesehen, verteidigte Schima Verzetnitsch. Der behauptete Mitgliederschwund sei nicht auf die Haftungserklärung zurückzuführen, sondern ausschließlich auf die Vorgangsweise der nach seiner Entlassung verantwortlichen Personen der beklagten Partei.
Verzetnitschs Anwalt legte die Oktober-Ausgabe der ÖGB-Zeitschrift "Solidarität" vor, in der in den Raum gestellt würde, dass Geld in Richtung Verzetnitsch gesickert sei. "Soviel zur Solidarität", sagte Schima. Verzetnitsch, der die 40-minütige Verhandlung mit steinerner Miene verfolgte und zu keiner Aussage bereit war, nickte zustimmend.
ÖGB-Anwalt Ehm schlug vor, die strafrechtlichen Ermittlungen rund um die Bawag abzuwarten. Das gehöre zur Entwicklung dazu. Schima zeigte sich jedoch überzeugt, dass diese seinen Mandanten nicht einmal ansatzweise beträfen: "Da liegt gegen ihn nichts strafrechtlich Relevantes vor! Da wird der Herr Verzetnitsch nicht angeklagt werden!" Was diesen Prozess betrifft, soll im Dezember über das weitere Vorgehen entschieden werden.