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Verzockt

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

Im Schatten der Aschewolke geht der Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten in die finale Phase. Spannend war er beim besten Willen nicht, dennoch haben sich einige - so viel kann ohne Gefahr schon vor dem Endergebnis festgestellt werden - kräftig verzockt.


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Am allermeisten wohl die FPÖ. Dank des ÖVP-Verzichts auf eine eigenständige Kandidatur hatten die Freiheitlichen die Chance, sich als Auffangbecken für heimatlose bürgerliche Wähler anzubieten. Und so zusätzlichen politischen Rückenwind für die kommenden Landtagswahlen, insbesondere für jene im Herbst in Wien, zu generieren. Wenn sie denn einen dafür geeigneten Kandidaten aufgestellte hätte.

Hat die FPÖ aber nicht. Stattdessen präsentierte sie mit Barbara Rosenkranz eine auf diesem Parkett völlig überforderte Nischenrepräsentantin des harten Kerns des nationalen Lagers. Junge und Arbeiter, die beiden stärksten Wachstumsmärkte der Strache-FPÖ bei den letzten Wahlen, wurden mit diesem Personalangebot sprichwörtlich links liegen gelassen. Für seinen Wien-Wahlkampf muss Strache nach diesem Sonntag stimmungsmäßig und mobilisierungstechnisch wieder bei Null anfangen. Dafür dürfte der nationale Flügel um Rosenkranz und Martin Graf auf absehbare Zeit innerparteilich abgemeldet sein.

Das Nicht-Antreten der Volkspartei wurde medial breit und für Pröll & Co wenig vorteilhaft diskutiert. Am Ende des Wahlkampfs wird jedoch deutlich, dass es die Grünen sind, die - politisch gesprochen - den höchsten Preis für ihren Kandidatur-Verzicht berappen müssen.

Neben Fischer, Rosenkranz und Gehring hätte ein auch nur halbwegs attraktiver Kandidat ausreichend politischen Spielraum gehabt, für grüne Kernthemen zu werben und der Partei wieder einmal dringend benötigtes Profil zu verschaffen. Stattdessen muss die Ökopartei im Burgenland um den Wiedereinzug in den Landtag zittern, in der Steiermark über Nacht einen Nachfolger für den abhanden gekommenen Spitzenkandidaten hervorzaubern und in Wien auf die Zugkraft von Ex-Bundessprecher Alexander Van der Bellen setzen. Eine Partei im Aufwind schaut anders aus.