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Bereits im Vorfeld der letzten Beitrittskonferenz Kroatien-EU im Jahr 2008 hatte Slowenien ein Veto gegen den Beitritt Kroatiens zur EU angekündigt. Jetzt macht es Ernst.
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Kroatien war der erste der sechs Westbalkanstaaten, der am 21.Februar 2003 ein Beitrittsgesuch zur EU gestellt hatte. Folglich wurden am 3. Oktober 2005 die Beitrittsverhandlungen aufgenommen, die insgesamt 35 Verhandlungskapitel umfassen.
Der von der Europäischen Kommission für Ende 2009 in Aussicht gestellte Beitritt Kroatiens ist aber nur dann möglich, wenn alle Verhandlungskapitel abgeschlossen sind und sich der Rat nach Anhörung der Kommission einstimmig für einen solchen Beitritt ausspricht, wozu noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments mit absoluter Mehrheit kommt. Danach muss der Beitrittsvertrag mit Kroatien von allen 27 EU-Mitgliedstaaten sowie von Kroatien selbst ratifiziert werden.
Kein Recht auf Beitritt
Dementsprechend besteht für einen Beitrittskandidaten auch kein Recht auf Beitritt zur EU, da jeder Mitgliedstaat den Abschluss eines Verhandlungskapitels verhindern oder den Beitrittsvertrag in seinem Parlament scheitern lassen kann.
Ersteres ist nunmehr auf der Beitrittskonferenz Kroatien-EU am 12. Dezember 2008 geschehen. Nachdem Slowenien bereits einmal, nämlich Anfang Oktober 2004, wegen eines Grenzzwischenfalls in Secovlje mit einem Veto gegen den kroatischen Beitrittsantrag gedroht hatte, machte es nunmehr Ernst: Es blockierte elf der 15 anstehenden Verhandlungskapitel, nachdem es der Öffnung von nur einem sowie dem Abschluss von lediglich drei Kapiteln zugestimmt hatte. Von den insgesamt 35 Verhandlungskapiteln sind daher erst vier abgeschlossen und 14 noch gar nicht eröffnet worden.
Ursprünglich sollten auf der Beitrittskonferenz zehn Kapitel eröffnet und fünf abgeschlossen werden. Damit ist der für Ende 2009 vorgesehene Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien rein technisch kaum mehr möglich. Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader bezeichnete die Blockade schlicht als Erpressung und drohte mit einem Boykott slowenischer Waren.
Als Grund für sein Veto gab Slowenien die Vorlage kroatischer Land- und Seekarten in den Beitrittsgesprächen an, die den seit 1991 im Mündungsgebiet des Flusses Dragonja und in der Bucht von Piran schwelenden Grenzstreit zu Kroatiens Gunsten präjudizieren würden. Vor allem die kroatische Version der Seegrenze im Golf von Piran ist für Slowenien unannehmbar, da sie ihm den freien Zugang zur Hohen See in der Adria versperren würde.
Irische Frage gefährdet
Mit seiner Blockade gefährdet Slowenien nicht nur den baldigen Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien, sondern präjudiziert auch eine Lösung der irischen Frage in Hinblick auf den Vertrag von Lissabon.
Die Konzessionen, die den Iren im Vorfeld einer zweiten Volksabstimmung im Oktober oder November 2009 über den Vertrag von Lissabon gemacht werden sollen, sollten rechtstechnisch nämlich in einem Protokoll zum Beitrittsvertrag mit Kroatien verpackt werden, ohne dass damit eine Änderung des Vertrages von Lissabon verbunden wäre. Das slowenische Veto gefährdet somit das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon sowie - ganz allgemein - die langfristige Balkanstrategie der EU.
Das slowenische Veto erinnert an eine ähnliche Vorgangsweise Österreichs. Unter Berufung auf die Störanfälligkeit des tschechischen Atomkraftwerks Temelín erklärte Österreich im Zuge der Beitrittsverhandlungen mit der Tschechischen Republik, das Verhandlungskapitel "Energie" nicht abschließen zu wollen. Es begnügte sich letztlich aber mit dieser Drohung und hielt seine Blockade nicht durch. Es wird sich zeigen, ob der Kleinstaat Slowenien mutiger und effektiver agiert.