Übergangsfrist für Gesetzgeber bis Jahresende 2007. | Ab 2008 tritt ein neuer Zuteilungsplan in Kraft. | Wien. Die Art und Weise, wie in Österreich CO 2 -Zertifikate zum Erreichen der Klimaschutz-Ziele an Betriebe verteilt werden, ist verfassungswidrig. Zu diesem Erkenntnis kommt der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der Teile des Emissionszertifikategesetzes aufgehoben hat.
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Anlass waren Beschwerden von Treibhausgas emittierenden Betrieben - unter ihnen der Ziegelhersteller Wienerberger, die ÖBB sowie die beiden Landesstromversorger EVN und Energie AG.
Die Vorgeschichte: Österreich hat sich - so wie die gesamte Europäische Union - im Rahmen des Kyoto-Abkommens verpflichtet, den CO 2 -Ausstoß deutlich zu senken. In Österreich beträgt das Ausmaß der erforderlichen Senkung 13 Prozent, bezogen auf das Basisjahr 1990. In diesem Jahr hat Österreich rund 78 Mio. Tonnen CO 2 emittiert.
Um die Senkungen zu bewerkstelligen, hat Österreich das Emissionszertifikategesetz im Einklang mit einer entsprechenden EU-Richtlinie beschlossen. Dieses Gesetz sieht vor, dass für die Jahre 2005 bis 2007 ein Nationaler Allokationsplan (NAP) beschlossen wird. Ein weiterer (NAP 2) soll in den Jahren 2008 bis 2012 folgen (dieser befindet sich derzeit in Begutachtung). Mittels dieser Pläne werden Betrieben ab einer bestimmten Größe jene CO 2 -Mengen zugeteilt, die sie emittieren dürfen. Wollen sie mehr ausstoßen, müssen sie Mengenzertifikate von anderen Betrieben kaufen.
Unklare Rechtsquelle
Die Allokationspläne werden von der EU-Kommission geprüft, bewilligt und gegebenenfalls ergänzt. Danach werden auf der Grundlage der NAPs Verordnungen und Bescheide erlassen, mit denen die Zuteilung der Zertifikate an die Betriebe erfolgt.
Der VfGH stößt sich in diesem Zusammenhang an formaljuristischen Aspekt en: Der NAP ist ein verbindliches Gebot der Verwaltung. Verbindliche Gebote der Verwaltung müssen aber als Verordnungen erlassen werden, damit sie auch als solche vor den zuständigen Instanzen beeinsprucht werden können. Der NAP selbst ist aber keine Verordnung.
Abgesehen davon kann der NAP auch durch EU-Gremien ergänzt und verändert werden. Dadurch ist unklar, wer eigentlich die Rechtsquelle ist: der österreichische Gesetzgeber oder die Europäische Gemeinschaft? De facto wurde durch das Emissionszertifikategesetz eine neue Rechtsquelle geschaffen, meint der VfGH - eine Mischform aus Gemeinschafts- und nationalem Recht, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist.
Der VfGH hob deshalb jene Teile des Gesetzes auf, die die Entstehung des NAP regeln. Damit wurde auch der NAP selbst und somit die gesamte Zuteilung der Emissionszertifikate für die Jahre 2005 bis 2007 aufgehoben.
Keine Auswirkungen
Allerdings gewährt der VfGH dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist. Diese läuft bis Jahresende 2007 - also genau so lange, wie der derzeitige Zuteilungsplan noch in Kraft ist. Dadurch hat der Spruch des VfGH auf die jetzige Regelung in der Praxis keine Auswirkung. Er wird sich allerdings in Zukunft auswirken.
Derzeit ist nämlich gerade der NAP 2 in Begutachtung, der die Zertifikate-Zuteilung für die Jahre 2008 bis 2012 regeln soll. Bevor dieser in Kraft tritt, muss das Gesetz gemäß der Vorgaben des VfGH repariert werden. Da die Übergangsfrist relativ großzügig bemessen ist, ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber die Reparatur rechtzeitig schaffen wird.
"Eigentlich muss ja nur eine Kleinigkeit geändert werden", sagt Werner Wutscher, Generalsekretär im Umweltministerium. "Man muss im Gesetz vorsehen, dass auch der NAP als Verordnung erlassen wird. Unser Ziel ist, dass wir das noch heuer reparieren."