Zum Hauptinhalt springen

VfGH: Martin abgeblitzt

Von Matthias G. Bernold

Politik

Nicht weiter beschäftigen wird sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit der Individualbeschwerde von Hans Peter Martin gegen das Ermächtigungsgesetz für die österreichische Ratifizierung der EU-Verfassung. Weil Martin "in seinen Rechten nicht unmittelbar berührt" werde, sei die Beschwerde zurückgewiesen worden, erklärte VfGH-Präsident Karl Korinek.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Zum Pressefrühstück im kleinen Kreis hatte der VfGH-Präsident am Freitag geladen. Thema: Zwischenergebnisse der laufenden Session des Höchstgerichts.

Relativ schnell haben die VfGH-Mitglieder die Beschwerde von Hans-Peter Martin abgehandelt. Der umtriebige EU-Abgeordnete war gegen die Ratifikation der EU-Verfassung ins Feld gezogen und hatte begehrt, "das Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über eine Verfassung für Europa zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben." Seine Begründung: Mit Inkrafttreten der Europäischen Verfassung würde ein Primat des Unionsrechtes gegenüber den Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung festgelegt. Er, Martin, sei dadurch unmittelbar in seinen Rechten verletzt, weil diese Grundprinzipien "ganz wesentliche Rechte wie z.B. jenes auf demokratische Mitbestimmung sichern".

Künftige Änderungen des Unionsrechts könnten das demokratische, bundesstaatliche oder rechtsstaatliche Prinzip "wesentlich modifizieren", befürchtet Martin. Eine Volksabstimmung, wie sie bei jeder Änderung eines verfassungsrechtlichen Grundprinzips bis dato nötig war, sei dann nicht mehr erforderlich. Ohne sich mit Martins Argumentation inhaltlich auseinanderzusetzen, wurde Martins Individualantrag - entsprechend der langjährigen Judikatur, wie Korinek betonte - mangels Legitimation zurück gewiesen. Korinek: "Weil das Ermächtigungsgesetz nicht unmittelbar in die Rechte Martins eingreift".

Schnellfahrend zum VfGH

Nach bewährter Methode raste der Kärntner Slowenen-Vertreter Rudolf Vouk vor den VfGH, um mit einem Schnellfahr-Strafbescheid in Händen für die Aufstellung slowenischer Ortstafeln zu kämpfen. Obwohl dies vom VfGH in seinem Erkenntnis von 2001 ausdrücklich angeordnet war, wurde die Topographie-Verordnung nach ihrer Aufhebung bislang nicht "repariert". Konsequenz: Es fehlt an einer Liste mit Gemeinden, die zweisprachige Ortschilder anzubringen haben. Wie Korinek ausführte, wird der VfGH diesmal prüfen, ob in den Gemeinden Bleiburg und Ebersdorf im Bezirk Völkermarkt aufgrund Art. 7 Z 3 des Staatsvertrages 1955 zweisprachige Schilder aufgestellt werden müssen. Ein, wie Korinek darlegte, "Zwischenerfolg der Volksgruppe". Vouks Anwalt Matthäus Grilc erwartet angesichts der Begründung im Prüfbeschluss mit großer Sicherheit eine Entscheidung im Sinne Vouks - und kündigte in einem Pressegespräch in Klagenfurt weitere ähnliche Beschwerden an: "Etwa 35 sind in Vorbereitung."

Mitversicherung, Adoption

Zwei Fälle in dieser Session befassen sich mit der behaupteten Diskriminierung von Homosexuellen. Im Licht der jüngsten Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wird sich das Höchstgericht mit der Frage der Mitversicherung homosexueller Lebensgefährten befassen. Dem Beschwerdeführer wurde die Mitversicherung seines Lebensgefährten unter Verweis auf die geltende Rechtslage per Bescheid verwehrt. Begründung damals: Das Sozialversicherungsgesetz räume nur "andersgeschlechtlichen" Personen einen Anspruch auf Mitversicherung als Angehöriger ein. Der VfGH wird in den nächsten Monaten entscheiden.

Zurückgewiesen wurde demgegenüber eine Beschwerde in Sachen Adoption von Kindern in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Die Entscheidung über eine Adoption obliege den Zivilgerichten, so die Begründung.