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VfGH prüft steuerfreie Trinkgelder

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Höchstgericht ortet ungerechtfertigte Bevorzugung. | Pauschalierung wäre kompliziert. | Wien. Mit allen Mitteln verteidigte die Bundesregierung gestern, Freitag, die Steuerfreiheit von Trinkgeldern vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH).


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Dieser hat gegen das Steuerzuckerl Bedenken, da Arbeitnehmer bevorzugt werden, deren Einkommen Trinkgelder umfasst. Eine Rechtfertigung für dieses Privileg konnte der VfGH vorderhand nicht finden. Darüber hinaus würde sich die Steuerbefreiung nur auf Unselbständige beziehen. Hingegen müssen Selbständige einen Teil ihres Trinkgeldes sehr wohl an den Fiskus abführen. Für den VfGH ist das "nicht nachvollziehbar", meinte der zuständige Referent.

Für die Vertreter der Bundesregierung stellt sich die Lage anders dar. Dass Trinkgelder - allerdings nur ortsübliche - seit 2005 nicht mehr besteuert werden, hat ökonomische Gründe. Es würde die Rechtslage vereinfachen, da die Erhebung jener Summen zu aufwendig wäre. Denn der Arbeitgeber, der für die ordnungsgemäße Abfuhr der Lohnsteuer verantwortlich ist, hätte keinen Überblick über die freiwilligen Zuwendungen von Kunden an die Arbeitnehmer.

Warum der Finanz nichts entgeht

Vor 2005 sei es zu einer ungleichmäßigen Besteuerung "je nach Steuerehrlichkeit" gekommen, führte der Regierungsvertreter Franz Sutter an, wobei die Mehrheit der Steuerpflichtigen die Trinkgelder nicht abgeführt hätte. Deshalb könne die Finanz auch ruhig auf eine Besteuerung verzichten, zu einem relevanten budgetären Ausfall würde es nicht kommen. Außerdem würden ortsübliche Trinkgelder vor allem im Niedriglohnbereich und an Teilzeitbeschäftigte fließen, wo das Einkommen meist unter der Geringfügigkeitsgrenze und damit ohnehin steuerfrei ist.

Sutter versuchte zu beruhigen, indem er erklärte, dass der Steuervorteil für die Trinkgeldbezieher "nicht erheblich" ist.

Wie viel dem Fiskus allerdings tatsächlich entgeht, konnte er nicht beantworten. Man hätte zwar die Trinkgeldeinnahmen bei einigen Innenstadtrestaurants in Wien anhand der Kreditkartenabrechnungen überprüft. Diese Trinkgelder könne man jedoch nicht als repräsentative Summe heranziehen.

Den zuständigen Referenten verwunderte das. "Ganz verstehe ich nicht - bei der Fantasie der Finanzverwaltung in anderen Dingen -, warum man da resigniert", warf er Sutter vor.

Diskutiert wurde im Laufe der Verhandlung auch über eine mögliche Pauschalierung der Trinkgelder. Die Finanz ist mit diesem Vorschlag aber nicht glücklich. Pauschalierungen wären nur fair, wenn sie differenziert sind. Denn nicht in jeder Branche erhält man gleich viel Trinkgeld, erklärte Sutter. Auch geografisch gäbe es Unterschiede in der Höhe der freiwilligen Zuwendungen.

Unselbständige sind im Nachteil

Für die unterschiedliche Behandlung von Unselbständigen und Selbständigen hatte Sutter auch eine Rechtfertigung parat. Während zwischen unselbständigen Arbeitnehmern und dem Kunden kein direkter Vertrag bestehen würde und das Trinkgeld separat vom Entgelt für die Art der Leistungserbringung gewährt wird, könne man bei einem Selbständigen die Leistung und die Art ihrer Erbringung nicht voneinander trennen.

In dem Zusammenhang tauchte die Frage auf, ob man Trinkgelder an Unselbständige nicht auch als Schenkung definieren könnte. Da mit 31. Juli dieses Jahres die Schenkungssteuer wegfällt, würde es dann auch auf dieser Basis keinen Grund geben, derartige Zuwendungen zu besteuern.

Ein weiterer strittiger Punkt bei den Trinkgeldern ist die Sonderstellung von Croupiers. Die sogenannte "Cagnotte" - das sind quasi pauschale Zuwendungen von Casino-Besuchern an alle dortigen Arbeitnehmer - ist nämlich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Das Finanzministerium findet, dass der Arbeitgeber in diesem Fall die Zuwendungen ohne weiteres erfassen kann.

Eine Entscheidung des VfGH könnte es bereits in den Sommermonaten geben. Experten gehen davon aus, dass die Steuerfreiheit für Trinkgelder gekippt wird.