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VfGH prüft Teil der Steuerreform

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Freiberufler sind von Begünstigung ausgenommen. | Gericht bezweifelt, dass Ausnahme gerechtfertigt ist. | Wien. Im Jahr 2004 wurde sie als Teil der Steuerreform eingeführt: die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne im Rahmen der Einkommensteuer. Seit damals können gewerbliche und land- und forstwirtschaftliche Betriebe Gewinne bis 100.000 Euro mit dem halben Durchschnittssteuersatz versteuern, sofern diese Gewinne nicht ausgeschüttet werden. Bedingung ist, dass der Betrieb eine Bilanz legt.


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Da die Begünstigung im Gesetz explizit für Gewerbe und Land- und Forstwirtschaft festgeschrieben wurde, kann sie von Freiberuflern wie zum Beispiel Ärzten, Rechtsanwälten oder Architekten nicht in Anspruch genommen werden. Das sorgte schon 2004 für Unmut: Die Ärztekammer etwa sah darin eine Ungleichbehandlung und kündigte eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) an.

VfGH leitet Gesetzesprüfung ein

Im Auftrag der Ärztekammer und der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) haben der Rechtsanwalt Wolf-Dieter Arnold und der Steuerexperte Karl Bruckner von der BDO Auxilia eine Musterbeschwerde eines Radiologen eingebracht. Mit einem ersten Erfolg: Der VfGH hat ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet. Ein solches Verfahren leitet der Gerichtshof nur dann ein, wenn er selbst schon begründete Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung hat.

Im schriftlichen Beschluss zur Einleitung des Verfahrens ist deshalb auch von "Bedenken" die Rede, die der VfGH gegen die Beschränkung der Steuerentlastung auf "Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb" habe. Natürliche Personen, die in anderen Bereichen selbständiger Arbeit nachgingen, seien von der Begünstigung ausgeschlossen. "Der Gerichtshof hegt vorläufig das Bedenken, dass dieser Ausschluss dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz widerspricht", heißt es dort. Und weiter: "Der Gerichtshof kann (. . .) vorderhand keine überzeugenden Gründe für den Ausschluss der Einkünfte aus selbständiger Arbeit von dieser Begünstigung sehen."

Gesetzespassage dürfte kippen

Karl Bruckner ist zufrieden. "Jetzt kann man mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Regelung gekippt wird", so der Experte. Damit würde "die Steuergerechtigkeit wieder hergestellt."

Mit einer endgültigen Entscheidung des VfGH dürfte in etwa neun Monaten zu rechnen sein. Wieviel Geld eine Ausweitung der Begünstigung auf alle Selbständigen das Budget kosten würde, ist unklar. Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller traut sich diesbezüglich noch keine Schätzung zu. Andere Experten gehen inoffiziell von bis zu 100 Mio. Euro aus. Die bisherige Regelung kostet den Fiskus 400 Millionen Euro pro Jahr.

Bruckner glaubt, dass die zusätzlichen Kosten gering wären. Denn nur Freiberufler, die eine Bilanz legen, könnten die Begünstigung beanspruchen. Einnahmen-Ausgaben-Rechner würden hingegen im nächsten Jahr ohnehin von der heuer im Rahmen des KMU-Paketes beschlossenen Investitionsprämie von 10 Prozent des Gewinns profitieren. Die ursprüngliche Problematik der fehlenden Entlastung für Freiberufler sei dadurch "entschärft" worden.