Ihre Verfassungskonformität und Legitimität werden allerdings bereits in Frage gestellt.
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Bukarest – Eine Woche nach dem Bruch der linksliberalen Koalition hat Rumäniens Premier Victor Ponta sein neues Kabinett vorgestellt – doch dürften dessen Bestätigung und Vereidigung wegen verfassungsrechtlicher Mankos für Ponta letztlich zur Zitterpartie werden.
So hatte sich der Regierungschef nach dem Abgang seines liberalen Koalitionspartners zunächst um eine neue Mehrheit bemüht, da die Stimmen seiner Sozialisten und der beiden übriggebliebenen Zwergpartner nicht ausreichten, um das neue Kabinett im Parlament absegnen zu lassen. Nach mehrtägigen Verhandlungen hievte Ponta schließlich den oppositionellen Ungarnverband – die politische Vertretung der ungarischen Minderheit in Rumänien – ins Regierungsboot, dessen 26 Stimmen für das neue Kabinett überlebenswichtig sind. Entsprechend großzügig gab sich der Premier beim Postenschacher – der Ungarnverband erhielt einen Vizepremiers-, zwei Minister- sowie 14 Staatssekretärsposten zugesprochen.
OMV/Petrom-Ressortchef zum Energieminister berufen
Größenmäßig fällt die Regierung Ponta III mit insgesamt vier Vizepremiers und 25 Ministern ähnlich behäbig wie ihre Vorgänger aus. Doch sorgten diesmal etliche Ministernominierungen für Medienrummel, da Ponta neben sozialistischen, ungarischen und konservativen Spitzenpolitikern auch etliche Parteifreie ins Kabinett berief. So gehören u.a. eine frühere Leichtathletik-Olympiasiegerin, eine Harvard-Absolventin und ein Schauspieler zur neuen Ministerriege.
Die rumänische Wirtschaftspresse nahm indes den neuen Energieminister, Razvan Nicolescu, unter die Lupe, der bisher als Ressortleiter beim Mineralölkonzern OMV Petrom beschäftigt war. Angesichts der Verhandlungen mit der OMV über die bis Jahresende fällige Erhöhung der Förderabgaben bezweifelten manche Analysten offen, dass mit Nicolescu der richtige, unparteiische, Mann am richtigen Platz sitzt.
Neue Regierung mit umstrittener Legitimität
Auch werden Legitimität und Verfassungstreue der neuen Regierung mittlerweile offen in Frage gestellt, so dass sie letztlich eine Causa für das Verfassungsgericht werden könnte. Senats- und Liberalenchef Crin Antonescu sprach dem neuem Kabinett am Dienstag im Parlament jedwelche Legitimität ab, während Staatschef Traian Basescu schon seit Tagen ihre verfassungsrechtlichen Probleme anmahnt: Da sie das Wahlergebnis von 2012 in keiner Weise widerspiegele, könne sie auch das Regierungsprogramm der alten Koalition nicht fortführen, sondern müsse mit einem neuen vor das Parlament treten. Gemäß rumänischer Verfassung muss ein Premier allerdings zurücktreten, wenn er sein Regierungsprogramm ändert – was Ponta hartnäckig ablehnt, wohl wissend, dass er nicht mehr mit der Regierungsbildung beauftragt würde. Daher ist er zurzeit bemüht, seine Regierungsbildung als einfache Kabinettsumbildung abzutun.
Der Präsident ersuchte den Regierungschef auch am Dienstagnachmittag, kurz vor der Abstimmung im Parlament, ein neues Regierungsprogramm "unbedingt" billigen zu lassen – die dem Ungarnverband gemachten Zugeständnisse seien im alten Regierungsprogramm nicht enthalten und ließen keine andere Möglichkeit zu. Sonst könne es am Abend auch keine Ministervereidigung geben, da er als Präsident weder verfassungswidrig handeln, noch einen "gefährlichen Präzedenzfall" schaffen werde, warnte Basescu. Allerdings verhallte seine Mahnung ungehört, Ponta stellte sein Kabinett wenig später im Parlament ohne neues Regierungsprogramm vor.
Damit dürfte der Weg vor das Verfassungsgericht unabwendbar geworden sein. Laut Verfassung muss die Beschwerde von mindestens 50 Abgeordneten getragen werden, was angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Parlament bzw. Pontas fragiler Mehrheit kein Problem sein dürfte. Rumäniens Regierungskrimi geht folglich in die Fortsetzung.