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Viel Aufwand für fast nichts

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Hut ab: Die Koalition veranstaltet mit Tamtam eine Demokratie-Enquete im Nationalrat, nur um an deren Ende einen bereits paktierten Kompromiss für mehr direkte Demokratie zu entsorgen. Das macht SPÖ und ÖVP so leicht niemand nach.

Zur Erinnerung: Im Frühsommer 2013 einigte sich die Koalition mit den Grünen auf ein Demokratiepaket, dessen Herzstück ein Ausbau der direkten Mitbestimmung bildete: Besonders erfolgreiche Volksbegehren sollten demnach künftig zu einer Volksbefragung führen. Wohlgemerkt zu einer unverbindlichen Volksbefragung und nicht, wie viele forderten, zu einer für die Politik verbindlichen Volksabstimmung. Die jeweilige Mehrheit im Parlament hätte also auch weiterhin das allerletzte Wort.

Doch nicht einmal so weit wird es nun kommen: Am Mittwoch haben nämlich SPÖ und ÖVP diesen Kompromiss eines Kompromisses in der letzten Sitzung der Enquete wenig feierlich zu Grabe getragen. Statt eines substanziellen Wurfs begnügt sich die Koalition - zum einhelligen Ärger von Opposition und beteiligten Bürgern - mit lupenreinen Alibihandlungen: Bürger sollen besser in die Gesetzgebung eingebunden werden; unter anderem durch jährliche Erklärungen der Minister zu ihren Vorhaben - das ist schlicht lächerlich, als ob es in diesem Land je an politischen Absichtserklärungen gefehlt hätte. Und mehr Mitbestimmung soll wenigstens auf Landes- und Gemeindeebene kommen. Statt also endlich die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern zu entflechten und sinnvoll neu zu ordnen, dürfen die Bürger künftig über Bauordnungen, Raumplanung, Jagd- und Fischereirechte oder Volkstumspflege mitreden.

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es eine legitime politische Position, den Ausbau der direkten Demokratie abzulehnen. Einige Experten vertreten diese Ansicht. Und tatsächlich gibt es bedenkenswerte Argumente, die dagegen sprechen. Das kann man aber auch einfach sagen, dann hätte sich die Debatte.

Doch stattdessen inszenieren SPÖ und ÖVP eine Demokratie-Show: Den ganzen Aufwand einer Enquete, das Auswahlverfahren für Bürger, hätte man sich angesichts des lächerlichen Ergebnisses sparen können. Zu viel im Verhältnis zwischen Bürgern und Parteien geht derzeit schief, als dass sich die Politik leisten könnte, quasi vorsätzlich falsche Erwartungshaltungen zu wecken.