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Viel Geld für wenig Gesundheit

Von Brigitte Pechar

Politik

Laut OECD ist Österreichs Gesundheitssystem sehr spitalslastig und damit recht teuer.


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Wien/Berlin. Die OECD-Berichte "Bildung auf einen Blick" und "Gesundheit auf einen Blick" können aus heimischer Perspektive so zusammengefasst werden: Hohe Ausgaben, geringe Ergebnisse. Österreich gibt für beide Bereiche überdurchschnittlich viel aus, es schlägt sich aber weder in der Bildung noch in der Gesundheit der Österreicher nieder. Am Mittwoch veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Industriestaaten ihren jährlichen Gesundheitsbericht "Health at a Glance 2015", der sich auf Zahlenmaterial aus dem Jahr 2013 stützt.

Demnach ist Österreichs Gesundheitssystem spitalslastig, was genauso schon in vielen vorangegangenen Jahresberichten festgestellt wurde. Die Versuche im Zuge der Gesundheitsreform, die Behandlung von den Spitälern in den niedergelassenen Bereich zu verlagern, schlagen sich in diesem Bericht nicht nieder. Vielleicht, weil dieser auf Zahlen von 2013 beruht. Allerdings glaubt Gesundheitsökonom Ernest G. Pichlbauer nicht, dass sich daran so bald etwas ändern wird, weil die beharrenden Kräfte der Akteure hierzulande sehr groß sind. So ist zwar geplant, vor allem die Spitalsambulanzen zu entlasten und Primary Health Care (PHC) Zentren zu schaffen. Aber bisher gibt es noch kein einziges solches PHC-Zentrum (in Wien Mariahilf ist etwas Ähnliches in Betrieb), weil sich Sozialversicherung, Länder und Ärztekammer nicht über Honorare und Prozedere einigen.

Mit 266 Spitalsentlassungen pro 1000 Einwohner ist Österreich Spitzenreiter unter den 34 OECD-Mitgliedstaaten. Die Zahl der Krankenhausbetten liegt um 60 Prozent über dem OECD-Durchschnitt. Gleichzeitig ist die Zahl der ambulanten Eingriffe niedrig. So werden Mandeloperationen in den meisten Staaten ohne stationären Spitalsaufenthalt durchgeführt - in Österreich nicht. Dasselbe gilt auch für Kataraktoperationen (Grauer Star). Da ist der Anteil tagesklinischer Operationen von nur einem Prozent im Jahr 2000 auf immerhin 68 Prozent im Jahr 2013 angestiegen - im Großteil der Industriestaaten werden aber fast alle Kataraktoperationen ambulant durchgeführt.

Daher liegt Österreich OECD-weit auch an der fünften Stelle bei der Anzahl der Spitalsbetten. Auf 1000 Einwohner kommen 7,7 Betten. Damit liegt Österreich um 70 Prozent über dem OECD-Durchschnitt. Laut Experten lasse sich das nicht durch die Bevölkerungsstruktur erklären, denn Länder wie Finnland oder Schweden hätten einen höheren Anteil an über 65-Jährigen, dennoch viel weniger Spitalsaufnahmen.

Hohe Arztdichte, aber nichtalle Ärzte sind im System

Neben dieser Spitalslastigkeit hat Österreich aber auch eine sehr hohe Arztdichte. Pro 1000 Einwohner sind es fünf, nur Griechenland hat mit 6,3 noch mehr. Pichlbauer relativiert allerdings die griechischen Zahlen, weil dort alle, die Medizin studiert haben - ob sie praktizieren oder nicht, ob sie in Griechenland leben oder nicht -, mitgezählt werden. Daher sei Österreich bei der Ärztedichte Spitzenreiter. Wie aber lässt sich das mit den Warnungen der Ärztekammer vor einem Ärztemangel in Einklang bringen? "Wir haben sehr viele Köpfe, aber diese sind nicht im System", sagt Pichlbauer. So seien eben die Wahlärzte nicht im Sozialversicherungssystem.

4,10 Euro für Warzenentfernung

Pichlbauer bringt ein Beispiel, warum das österreichische System teuer und ineffizient ist: Ein Patient hat eine Warze und geht damit zum Allgemeinmediziner. Dieser hat aber das Gerät zur Entfernung nicht, weil er für die Entfernung der Warze ohnehin nur 4,10 Euro (davon sind 3 Euro Materialkosten, dem Arzt bleiben für Administration und Behandlung 1 Euro) bekommen würde. Deshalb schickt er den Patienten weiter zu einem Hautarzt. Der Patient geht aber nicht zum vorgeschlagenen, sondern zu seinem Hautarzt, der aber das Gerät auch nicht hat. Der Patient lässt sich dann schließlich die Warze in einer Ambulanz entfernen. Am Ende fallen Kosten von 100 Euro an.

Dieses Beispiel macht die hohen Ausgaben Österreichs für das Gesundheitssystem deutlich: Pro Kopf und Jahr sind es 4553 US-Dollar (4148,14 Euro). Der OECD-Durchschnitt liegt bei 3453 US-Dollar oder 3145,96 Euro.

Pichlbauer fasst das System so zusammen: "Es sind die unstrukturierten Versorgungsebenen, das Nebeneinander von unzähligen Subsystemen, die mit viel Geldleistung wenig Ergebnis liefern."

Negativ fällt Österreich auch beim Alkoholkonsum auf: 12,2 Liter reinen Alkohol konsumieren Österreicher (über 15) pro Kopf und Jahr - nur Litauen liegt mit 14,3 Litern darüber.