Fast vier Milliarden Dollar werden in den US-Wahlkampf gepulvert, doch die fließen nur in wenige Regionen.
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Washington/Wien. Mit vier Milliarden Dollar kann man schon einiges anstellen. Man könnte etwa vier Jahre lang den Werbeetat von Apple bestreiten oder 35 Eurofighter erstehen - "Service" inklusive. Soziale Menschen könnten damit in etwa 300.000 afrikanischen Dörfern je einen Brunnen bauen lassen und dort damit die Wasserversorgung sicherstellen. Man könnte mit diesem Geld allerdings auch etwas ganz anderes tun: die Wahlkampfkosten der amerikanischen Zwischenwahlen abdecken.
Alle zwei Jahre sind die Amerikaner aufgerufen, ihre Volksvertreter zu wählen. Alle vier Jahre wird gleichzeitig mit Kongress, Gouverneuren und Bürgermeistern auch der Präsident gewählt. Ist das nicht der Fall, spricht man von Zwischenwahlen oder auch Halbzeit-Wahlen, auf Englisch Midterm Elections. 2014 ist so ein Jahr; gewählt wird heute, Dienstag. Läuft alles wie geplant, so wird dieses Jahr in den USA ein Rekordjahr sein, was die Wahlkampfausgaben für die Rennen um den Kongress betrifft - wieder einmal. Denn so gut wie alle zwei Jahre erreichen die Kosten der werbenden Kandidaten einen neuen Höhepunkt.
Bei jeder Wahl kommt es zu neuem Ausgabenrekord
Dieses Jahr wird die neue Bestmarke auf fast vier Milliarden Dollar gesetzt werden. Das schätzt das unabhängige US-Institut "Center for Responsive Politics". Dieser Betrag liegt zwar ziemlich nahe an den Ausgaben für die letzten beiden Kongresswahlen, die 2010 und 2012 in etwa je 3,6 Milliarden Dollar verschlangen. Aber bei Milliardenbeträgen ist jede Kommazahl bedeutsam.
Dieses Geld wird aber nicht etwa gleichmäßig auf das Land verteilt. Der Großteil wird nur in ein paar ausgesuchte Regionen investiert. Das einerseits deshalb, weil zwar alle zwei Jahre alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses gewählt werden, jedoch nur rund ein Drittel der Senatoren. Andererseits ist in den meisten Wahlkreisen und Bundesstaaten das Rennen längst entschieden, bevor es noch begonnen hat.
Massachusetts beispielsweise ist fest in Händen der Demokraten. Die Chancen eines republikanischen Kandidaten sind hier verschwindend gering und Wahlkampfspender setzen nicht gerne auf Verlierer. Das wiederum macht einen Sieg noch unwahrscheinlicher. Umgekehrt stehen die demokratischen Kandidaten etwa in Oklahoma auf verlorenem Posten.
Entscheidung fällt in einer Handvoll Regionen
Unterm Strich ist es lediglich eine Handvoll Wahlkreise und Bundesstaaten, wo der Wahlausgang wirklich knapp und somit heftig umkämpft ist. Genau dorthin fließt das große Geld. Das wirkt sich auch auf die Wahrnehmung der Wahlen aus: Während Menschen in Oklahoma weitgehend unbehelligt von Wahlwerbung leben, werden die Einwohner von Colorado mit Werbebotschaften unablässig bombardiert.
Grundsätzlich können natürliche und juristische Personen in den USA für den Wahlkampf Beträge in unbegrenzter Höhe spenden, auch wenn offiziell die Spende für einzelne Kandidaten mit rund 5000 Dollar beschränkt ist. Einzige Voraussetzung ist, dass das Geld nicht direkt an einen Kandidaten geht, sondern an eine Lobbygruppe, die sich einem bestimmten Thema widmet und formal unabhängig von den Kandidaten ist - sogenannte Super-Pacs (Political Action Committee). Die können dann Wahlkämpfe unterstützen, wo immer sie wollen.
Republikaner haben in Umfragen die Nase vorn
Das Geld werden die Kandidaten vor allem dieses Jahr dringend benötigen. Denn für die Republikaner geht es darum, die Kontrolle über den Kongress an sich zu reißen. Im Repräsentantenhaus stellen sie bereits die Mehrheit und werden diese laut Umfragen so gut wie sicher halten. Im 100-köpfigen Senat hingegen haben die Demokraten derzeit noch eine Mehrheit von 55 (inklusive zweier im Verband abstimmenden Unabhängiger) zu 45. Die Republikaner müssen also lediglich sechs Sitze gewinnen, um in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit zu stellen.
Das wäre für Präsident Barack Obama besonders unangenehm. Denn die Mehrheit im Senat garantierte ihm einen gewissen Schutz, da Gesetze in beiden Kammern approbiert werden müssen. Das bedeutete in der Vergangenheit, dass das republikanische Repräsentantenhaus zwar Vorschläge des demokratischen Senats blockieren konnte. Umgekehrt jedoch auch der Senat Vorschläge des Repräsentantenhauses abwiegeln konnte. Gewinnen die Republikaner, würden auf einmal sie die legislative Agenda vorgeben.
Ob dieser Fall tatsächlich eintreten wird, ist auch für Meinungsforscher schwer abzuschätzen. So ziemlich alle Szenarien wurden bereits prognostiziert. Allerdings hat das bekannt treffsichere Analyseportal "FiveThirtyEight" eine 74-prozentige Wahrscheinlichkeit errechnet, dass die Republikaner nach den Wahlen tatsächlich die Mehrheit im Senat stellen werden.