Besserer Zugang zur Staatsbürgerschaft - nur "symbolisch", sagen die Grünen.
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Wien. Es ist nicht so, dass Experten nicht gewarnt und gemahnt hätten. Vor zwei Wochen hatte der Innenausschuss des Nationalrats zu einem Hearing geladen und von zwei der drei Experten durchaus Kritisches zu hören bekommen. Nur Dietmar Hudsky fand lobende Worte für das Gesetz. Als Abteilungsleiter für Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftswesen im Innenministerium hat er an diesem mitgearbeitet.
Trotz der Bedenken wird die Novelle am Donnerstag mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP unverändert beschlossen werden. Der Erhalt der Staatsbürgerschaft wird dann (ab August) schon ab sechs Jahren möglich sein, allerdings nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, etwa Deutsch auf Maturaniveau oder der Nachweis einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Verpflichtend ist auch der Nachweis eines "gesicherten Lebensunterhalts", wie es im Gesetz heißt - auch bei einem Antrag nach zehn Jahren. Wie viel das genau sein soll, steht nicht drin, die Grüne Alev Korun vermutet, dass "70 Prozent" der österreichischen Arbeiterschaft diese Hürde nicht nehmen würden. "Es ist eine symbolische Politik. Es wird den Menschen eine Karotte hingehalten, aber die hängt so hoch, dass sie die kaum erreichen können", sagt Korun.
Rechtliche Bedenken
Sie vermutet auch, dass das neue Staatsbürgerschaftsrecht einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhält, "weil es immer noch Ungleichheiten enthält". So erhalten mit Inkrafttreten der Novelle auch jene hier geborenen Kinder mit ausländischer Mutter die Staatsbürgerschaft, wenn die Eltern nicht verheiratet sind, doch gilt diese Neuregelung nicht rückwirkend. "Die Altfälle bleiben ungelöst", sagt Korun.
In diesem Fall muss der Weg über Anträge gegangen werden, doch der ist teurer und kostet mindestens 1000 Euro. Die hohen finanziellen Hürden auf dem Weg zum Pass standen auch im Mittelpunkt der Kritik beim Hearing. Sowohl der Politologe Rainer Bauböck also auch der Rechtsanwalt Thomas Neugschwendtner sprachen die hohen Gebühren an, ebenso wie das Festhalten an der Zehn-Jahres-Frist, wenn nicht besondere Gründe vorliegen. Der Trend in Europa gehe in die andere Richtung, erklärte der am Hochschulinstitut in Florenz lehrende Bauböck.
"Im europäischen Vergleich haben wir sicher eine der höchsten Wartezeiten", bestätigt auch Angela Lueger, die Integrationssprecherin der SPÖ. Sie wird naturgemäß für das Gesetz stimmen: "Es enthält keine einzige Verschärfung", sagt sie. Dass es mitunter nicht einfach ist, den Lebensunterhalt so zu gewährleisten, dass er nicht nur den Menschen selbst, sondern auch dem Staat genügt, weiß auch Lueger. Eine Teilzeitkraft an der Kassa werde es schwer haben, sagt Lueger.
"Hängt stark vom Geld ab"
Weiterhin nur in einigen wenigen Ausnahmefällen sind doppelte Staatsbürgerschaften vorgesehen. In einem langsam, aber doch zusammenwachsenden Europa ist das vor allem beim Wahlrecht ein Problem. In Wien darf mittlerweile ein Fünftel nicht wählen, und die Tendenz ist steigend.
Neu im Gesetz geregelt ist, dass der Einkommensnachweis künftig flexibler gestaltet ist. Der gesicherte Lebensunterhalt muss nicht mehr in den vergangenen drei Jahren vor Antragstellung nachgewiesen werden, es gelten künftig die 36 besten Monate in den vergangenen sechs Jahren. Für Freischaffende, die unregelmäßige Einkommen haben, ist das eine gute Nachricht, für Geringverdiener bessert sich wenig.
"Das ist nicht die Lösung", sagt Korun, die eine Explosion der Bürokratie befürchtet, wenn einzelne Monate angesehen und überprüft werden müssen. "Es wird Menschen geben, die nie die Staatsbürgerschaft bekommen werden, weil sie nicht gut genug verdienen. Es hängt also stark vom Geld, nicht von der Verwurzelung ab", sagt Korun.
Da ein Bodenrecht ("ius soli") in Österreich nicht angedacht ist, ist es nicht ausgeschlossen, dass selbst für die zweite und dritte Generation der Zugang zur Staatsbürgerschaft verschlossen bleibt, auch wenn das wohl nur Einzelfälle sein werden. "Aber es ist die gesetzliche Produktion von Ausländern", sagt Korun.