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Wer immer am Abend des 25. April als Sieger(in) gefeiert wird - die Republik Österreich wird mit diesem (jedem) Resultat nicht schlecht fahren. Wer immer danach als Staatsoberhaupt angelobt wird - die österreichische Demokratie wird durch sie (ihn) weder gefährdet, noch auf eine neue Qualitätsstufe gehoben.
Denn das höchste Amt im Staate ist eben mehr durch seine symbolische, indirekte und weniger durch seine substanzielle, direkte Bedeutung charakterisiert. Wie immer man es dreht und wendet, dieses Amt ist kein erstrangiges, wie Thomas Klestil im Februar 2000 erfahren musste; und diese Wahl hat eben deshalb nicht die Bedeutung wie die Wahl des Nationalrates. Denn bei dieser - und nicht am 25. April - wird über die Regierung entschieden.
Dennoch - es ist nicht unwichtig, wer am Sonntagabend zur Siegesfeier gehen kann. Denn die Nebenwirkungen für Regierung und Opposition sind beachtlich. Der Wahlkampf hat in seiner Schlussphase - Persönlichkeit hin, Persönlichkeit her - immer mehr den Charakter einer Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition angenommen: Die Koalition stand hinter ihrer Außenministerin, die Opposition - die SPÖ direkt, die Grünen indirekt - stand hinter Heinz Fischer.
Das hat natürlich mit dem Faktor FPÖ zu tun. Je mehr sich diese mit freundlichen Signalen an "sie" und mit feindlichen an "ihn" hervortat, umso mehr stellten Grüne den automatischen Solidaritätsreflex mit der Frau hinter den ebenso automatischen Anti-FPÖ-Reflex zurück. Heinz Fischers kernige Konfrontation mit der FPÖ war eben nicht zufällig sehr verschieden von Benita Ferrero-Waldners Freundlichkeiten gegenüber Jörg Haider.
Fischers Sieg wäre jedenfalls Rückenwind für die Opposition - und Ferrero-Waldners Sieg Rückenwind für die Regierung. Deshalb wird es aber keine verkürzte Legislaturperiode und keine prinzipiellen Verschiebungen in der bundespolitischen Machtverteilung geben: Regierung wird Regierung und Opposition wird Opposition bleiben.
Von Fischer kam das Argument eher selten, das - nach der Papierform - sein wichtigstes hätte sein müssen: das vom Gleichgewicht. Diese Zurückhaltung war wohl Ausdruck eines rationalen Kalküls: Da die Lagermentalität - der Renaissance der beiden Großparteien zum Trotz - immer mehr zu einer Restgröße wird, spielt das Denken in den Kategorien eines Gleichgewichts zwischen "schwarz" und "rot" immer weniger Rolle. Dennoch: Überrascht hat schon, dass in der SPÖ-Werbung dem Hinweis auf die Machtballung in den Händen der ÖVP nur eine bescheidene Nebenrolle zugekommen ist.
Was sehr stark zu spüren war, das war das "Gender"-Thema: Frau gegen Mann. Dass dieses von der Partei gekommen ist, die in Sachen Feminismus jedenfalls nicht zu den Vorreitern zählt, hat es besonders interessant gemacht. Wie es sich letztlich in Summe auswirkt, weiß man noch nicht. Aber es gibt offenbar viele Frauen, die keinen ÖVP-Mann gewählt hätten, die Ferrero-Waldner wählen - und viele Männer, die einen ÖVP-Mann gewählt hätten, die Fischer wählen.
Da alle Parteien die Mobilisierungskraft dieses Themas verfolgen, können wir sicher sein, dass es uns prominent erhalten bleibt. Nach Klasnic und Burgstaller ist - unbeschadet des Ausgangs des 25. April - die Kandidatur Ferrero-Waldners ein bleibender Beitrag zur Karriere des "Gender"-Themas.
Anton Pelinka ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck