Die Insolvenz des Ökokonzerns German Pellets verheizte das Geld tausender Anleger, auch aus Österreich.
Wien/Wismar. Peter Leibold ist jemand, der den Ton angibt. Jemand, der Leute dazu bringt, ihm zu folgen, sagen ehemalige Mitarbeiter seines langjährigen Ökoimperiums German Pellets. Gefolgt waren ihm auch 17.000 Kleinanleger aus Deutschland, Luxemburg und auch aus Österreich, die über eine Viertelmilliarde Euro in sein Geschäftsmodell investierten. Leibold lockte mit acht Prozent Zinsen und einer boomenden Branche. Im Februar meldete das Unternehmen Insolvenz an - die Anlegermillionen scheinen verheizt zu sein. Auch in den letzten Wochen wurde die Hoffnung trotz der Verkäufe einiger Werke nicht größer, dass die Gläubiger auch nur einen Teil ihres Geld wiedersehen werden.
Die nächste Woche dürfte im Fall German Pellets aber jedenfalls eine brisante werden: Von 5. bis 8. Juli lädt das Insolvenzgericht die Gläubiger nach Schwerin ein. Insolvenzverwalterin Bettina Schmudde wird einen Überblick zur Lage geben. Außerdem sollen die Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter wählen, der ihre Rechte geltend machen soll. Im Publikum werden die Anleger weiter um ihr Erspartes bangen. Anleger aus Österreich, vor allem aus Tirol, hätten sich bereits bei der Insolvenzverwaltung gemeldet, sagen Insider. Nach wie vor ist aber unklar, wie viele es sind. Im Verhältnis dürften es aber weit weniger sein als in Deutschland, dem Firmensitz des Mutterkonzerns.
Erster Tag, 100 Millionen
Dennoch hat der Fall German Pellets einen starken Österreich-Bezug: Ein großer Teil der Anlegermillionen dürfte nämlich nicht in German Pellets, für das es eigentlich gedacht war, gelandet, sondern in Pelletwerke in den USA geflossen sein, wie die "Wiener Zeitung" bereits im Februar gemeinsam mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" aufdeckte. Und zwar über ein komplexes Wiener Firmengeflecht aus Gesellschaften, Holdings und einer Stiftung, über die diese Werke auch zu German Pellets gehören. Diesen Werken stand Leibolds Frau, Anna Kathrin Leibold, vor. Das Anlegerkapital diente in den USA auch als Sicherheit für neue Anleihen, mit denen der Konzern von amerikanischen Investoren weitere 550 Millionen US-Dollar einsammelte. Aber auch die Werke in Louisiana und Texas sind in finanzieller Not. Daher gibt es für die Anleger der deutschen Mutter kaum Hoffnung, dass sie ihr Geld wiedersehen werden. Gegen Peter Leibold laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rostock wegen des Verdachts der Unterschlagung. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Wien spielt in den Ermittlungen noch keine Rolle.
An der Versammlung werden trotz der schlechten Aussichten dennoch einige Gläubiger teilnehmen. Und wenn es nur darum geht, zu erfahren, was German Pellets mit dem vielen Geld gemacht hat, oder einfach darum, seinem Ärger ein bisschen Luft zu machen. Am 5. Juli sind die Besitzer der ersten Inhaberschuldverschreibungen geladen, die German Pellets eigentlich im April hätte zurückzahlen sollen. Es geht dabei um einen Umfang von bis zu 100 Millionen Euro. Tags darauf stehen 50 Millionen Euro (Laufzeit bis 2018) auf dem Spiel. Am 7. Juli wird die dritte Verschreibung besprochen (Laufzeit bis 2019) - es geht um weitere 130 Millionen Euro. Die Inhaber der Genussscheine, 15 Millionen Euro Volumen, sind am 8. Juli an der Reihe.
Seit der Insolvenz Anfang Februar konnte die Insolvenzverwaltung zwar bereits alle großen Werke in Deutschland verkaufen, der Erlös daraus ist unbekannt, aber Experten halten es dennoch für unwahrscheinlich, dass davon etwas für die Anleihengläubiger übrig bleibt. Solche Werke wären in der Regel belastet, etwa mit Hypotheken, die beglichen werden müssen. Potenzielle Interessenten wollen die Werke schließlich lastenfrei kaufen. Auch Sicherheiten von Lieferanten blieben offen. Grundstücke und Anlagen der Firma mussten gepfändet werden, um an frisches Geld zu kommen. Die Produktion ruhte laut Insolvenzverwaltung seit 15. Dezember. An unbelasteten Vermögenswerten sei "so gut wie nichts" vorhanden. Ob der Verkauf (Erlös nicht bekannt) des Werks in Belgien, das Leibold kurz vor der Insolvenz gekauft hat, Geld in die Insolvenzmasse spült, ist offen.
German Pellets wird zudem unter einem anderen Namen weitergeführt. Der Finanzinvestor Metropolitan Equity Partners aus den USA übernimmt den Betrieb in Wismar. Die Firma heißt jetzt Wismar Pellets und nahezu alle 150 Arbeitsplätze in der Produktion sollen sichergestellt werden.
Heta möchte Geld sehen
German Pellets wird auch über Umwege, genauer gesagt über ein weiteres komplexes Firmennetz, mit 68 Hypo-Millionen in Verbindung gebracht, die die Bank auf Betreiben Wolfgang Kulterers 2007 locker machte. Entsprechende Dokumente liegen der "Wiener Zeitung" vor.
Konkret geht es um drei Werke in Sachsen, die in Leibolds Einflussbereich stehen dürften, aber nicht zur Insolvenzmasse von German Pellets gehören. Leibold hätte sich laut Heta-Kreisen aber nach der Insolvenz schriftlich bei der Abbaubank gemeldet und darum gebeten, die Forderungen der Heta zu kürzen. Der Hypo-Kredit für die Werke steht mit fast 30 Millionen Euro in den Büchern. Über die Hälfte wurde bereits abgeschrieben. Per 1. Juli eröffnete die Heta die Insolvenz der Werke, um die noch ausständigen 30 Millionen Euro zurückzubekommen. Zum Insolvenzverwalter wurde der deutsche Rechtsanwalt Lucas Flöther bestellt, der für die "Wiener Zeitung" nicht erreichbar war. "Die Verwertung des Vermögens ist noch nicht abgeschlossen. Die Höhe der Quote kann daher noch nicht abgeschätzt werden", so ein Sprecher der Abbaubank Heta.
Die 2005 gegründete Ökogruppe German Pellets mit Standorten in Deutschland, Österreich und den USA beschäftigte rund 650 Mitarbeiter.