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Viele der Anträge der Nationalratssitzung dienten nur Wahlkampfzwecken.
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Wien. Es kam wie erwartet: Der erste Sitzungstag im neuen Ausweichquartier des Nationalrats, dem Redoutensaal in der Hofburg, brachte viel Wahlkampf, aber bis auf den Beschluss zur Verländerung der Wohnbauförderung bis zum Redaktionsschluss kaum neue oder gar wegweisende Entscheidungen. Die Parteien brachten stattdessen Wahlkampfthemen als Anträge ein — und lehnten jene der anderen postwendend wieder ab.
Kalte Progression wird vor den Wahlen nicht abgeschafft
Eigentlich fordern ja alle Parteien im Wahlkampf das Ende der kalten Progression. Aber nur FPÖ und Neos brachten tatsächlich wie in der Puls4-TV-Konfrontation von den Parteichefs Heinz-Christian Strache und Matthias Strolz angekündigt, gemeinsam einen Entschließungsantrag zur Abschaffung der kalten Progression ein. In diesem heißt es: "Die Bundesregierung, insbesondere der Finanzminister wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die kalte Progression abschafft."
Und schon war das Thema wieder vom Tisch: Sowohl ÖVP als auch SPÖ stimmten dagegen, eine Mehrheit im Parlament war damit verunmöglicht. Bei der ÖVP gelte nach wie vor der Grundsatz: "Wir halten uns ans Regierungsübereinkommen, stimmen nicht gegen den Koalitionspartner SPÖ", heißt es aus dem Klub — und zwar unabhängig vom eigenen Wahlprogramm. Da ist die Abschaffung der kalten Progression vermerkt und wird in der nächsten Legislaturperiode angestrebt.
Das Nein der Sozialdemokraten hat andere Gründe: Auch der Plan A der SPÖ sieht das Ende der kalten Progression, so wie es sie heute gibt, vor. Anders als ÖVP, FPÖ und Neos wollen die Sozialdemokraten aber keine Inflationsabgeltung für alle gleichermaßen, sondern nach einem Bericht über die Auswirkungen der kalten Progression für niedrigere Einkommen mehr, für höhere weniger.
Bonmot am Rande: Matthias Strolz brachte auch einen eigenen "verfassungskonformeren" Abänderungsantrag zum selben Thema ein, heißt es aus dem Klub. Den lehnten schließlich alle, auch die FPÖ-Abgeordneten, ab.
Leere Diskussionskilometerim Nationalrat
Das waren aber nicht die einzigen Anträge, die die Parteien einbrachten. Eine keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebende Liste: Die SPÖ brachte wie angekündigt ihre Reform des Wohnrechts, das Verbot von Bankomatgebühren, die Einführung von Gruppenklagen und eine Abänderung des Volksgruppen-Gesetzes ein.
Die Grünen setzten auf die Zweckbindung der Wohnbauförderung, die Parteienfinanzierung und ein Glyphosat-Verbot. Die FPÖ bekräftigte schon in der aktuellen Stunde des Nationalrats ihre Forderung, eine Volksgesetzgebung als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie einführen zu wollen.
Beim Thema Parteienfinanzierung gab es eine eher ungewöhnliche Antwort auf einen dringlichen Antrag der Grünen. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) verwendete praktisch dieselben Argumente wie Antragsteller Albert Steinhauser. Drozda betonte, er wolle keine Verhältnisse wie in den USA. Für Steinhauser erlebt der österreichische Wahlkampf eine neue Qualität der Amerikanisierung. Beide sprachen sich gegen Großspenden aus der Industrie aus. Eine rot-grüne Phalanx also gegen die ÖVP. Die hat bekanntermaßen von KTM-Chef Stefan Pierer eine Spende von 436.563 Euro erhalten. ÖVP-Abgeordneter August Wöginger verwies aus Unternehmensspenden für die SPÖ, unter anderem vom ehemaligen SPÖ-Minister Hannes Androsch.
Länderkompetenz über Wohnbauförderungsbeiträge
Und was besagt das einzige wichtige und beschlossene Gesetz? Den Bundesländern wird damit die Kompetenz verliehen, den Wohnbauförderungsbeitrag autonom festzulegen. Das hatten SPÖ und ÖVP bereits in den Verhandlungen des Finanzausgleichs beschlossen. Bisher betrug er einheitlich ein Prozent der Bemessungsgrundlage der Sozialversicherung und wurde je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Künftig können die Bundesländer den Beitrag selbst und autonom festlegen. Sofern ein Bundesland das nicht macht, schreibt der Bund für 2018 jeweils 0,5 Prozent Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag vor.