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Selten passt das strapazierte Bild vom Pokerspiel so gut wie für die Herbstlohnrunden: Da wird hoch gepokert, der Einsatz hochgetrieben und geblufft bis zum Schluss. Wenn die Karten aufgedeckt werden, stehen freilich - anders als am Pokertisch - alle als Sieger auf. So will es zumindest die sozialpartnerschaftliche Dramaturgie. | Heuer beginnen die richtungsweisenden Lohnverhandlungen für Metaller und Bergbau am 30. September. Die Lohnrunde wird schwierig werden - wie schon im Vorjahr. Da standen die Verhandler am Rande des Scheiterns, weil sie sich nicht über eine von der Industrie geforderte Flexibilisierung der Arbeitszeit einigen konnten: Das Thema, das mehrmals aufschoben wurde, ist weiterhin nicht vom Tisch. Im Wesentlichen geht es um Überstunden: Die Industrie will freiere Hand, die Arbeitnehmervertreter lehnen das ab, weil es ein Lohnverlust wäre. Die Verhandler scheinen mit ihren Maximalforderungen so weit voneinander entfernt wie selten. Industriegewerkschafter Rainer Wimmer will, dass Überstunden für Betriebe noch unattraktiver werden.
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Die Gewerkschaft will zudem eine Arbeitszeitverkürzung fordern - schließlich gibt es die kollektivvertragliche 38,5-Stunden-Woche schon seit 25 Jahren - und damit neben mehr Lebensqualität und höherer Produktivität auch mehr Jobs schaffen. Das sei Unsinn, kontert die Industrie: Die Kosten würden steigen, die Wettbewerbsfähigkeit sinken, die Folge wären weniger Arbeitsplätze.
Eine schwierige Ausgangslage, die auch durch eine nicht gerade bescheidene Ansage der deutschen Metaller nicht einfacher wird: Sie wollen ihren Anteil am starken Aufwind und gehen mit einer Forderung in die Verhandlungen, die zwischen jenen der beiden Vorjahre (also zwischen 4,5 und 8 Prozent) liegen soll - bei einer Teuerung rund um 2 Prozent.
Ein Signal für Österreich? Kaum, meint Wifo-Experte Thomas Leoni: In Deutschland unterliegen viel weniger Beschäftigte dem Kollektivvertrag. Zudem ist die wirtschaftliche Dynamik dort momentan stärker als bei uns - und nicht zuletzt sagen Forderungen nichts über Abschlüsse aus.
Wie auch das Säbelrasseln hierzulande wenig bedeuten muss: Paradoxerweise könne gerade diese Phase der Krise ein guter Zeitpunkt sein, um über Rahmenbedingungen zu sprechen, sagt Leoni. Für Einzelbereiche seien sicher Kompromisse möglich - etwa kürzere Arbeitszeiten bei Schichtbetrieb im Gegenzug für längere Durchrechnungszeiträume für Überstunden oder mehr Freiräume der Arbeitnehmer für Weiterbildung.
Da die Lage je nach Branche sehr unterschiedlich ist, könnten die Ergebnisse noch heterogener ausfallen. Schon im Vorjahr sorgte für Aufsehen, dass die Metaller - bisher meist klare Lohnführer - vom Handel überflügelt wurden.