Für "Autoleichen" ist die Rückgabe seit heuer gratis. | Immer noch "verschwinden" zu viele Wracks. | Wien. Was tun, wenn das eigene Auto ausgedient hat, zum nutzlosen, unverkäuflichen Wrack geworden ist? Bisher blieb dem Konsumenten der letzte Weg zum Schrotthändler nicht erspart. Und das kostete - abgesehen vom Transport - rund 50 Euro Entsorgungsgebühr. Seit 1. Jänner 2007 können Autoleichen unentgeltlich abgegeben werden; und zwar bei den Marken-Rücknahmestellen der jeweiligen Autoimporteure. Ähnlich wie bei Verpackungen tragen nun die Hersteller die Entsorgungskosten. Die heimischen Schrottverwertungsunternehmen hoffen jetzt, dass dadurch auch mehr Autowracks als bisher einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden - denn bisher sind pro Jahr bis zu 150.000 "Leichen" über dubiose Kanäle verschwunden - meistens im Ausland.
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Wiederverwertung von 80 Prozent ist Pflicht
Die Wiederverwertung der Schrottfahrzeuge durch die Autoimporteure ist bereits seit 2002 per Altfahrzeugeverordnung geregelt: Mindestens 80 Prozent der Materialien müssen ab 2006 stofflich wiederaufbereitet werden. Immerhin bestehen herkömmliche Autos zu 70 Prozent aus Metallen; der Rest ist Gummi, Glas, Kunststoff und gefährliche Abfälle (wie etwa Altöle).
Nach Zahlenangaben aus dem Lebensministerium von Sektionschef Leopold Zahrer ergeben die etwa 95.000 registrierten Altfahrzeuge pro Jahr 46.000 Tonnen eisenhaltigen Schrott, 3340 Tonnen nichteisenhaltige Werkstoffe wie Aluminium, Kupfer und Blei, 993 Tonnen Batterien, 669 Tonnen Flüssigkeiten wie Öle, 411 Tonnen Katalysatoren, 800 Tonnen Reifen und 160 Tonnen Kunststoffteile, die einer Wiederverwertung zugeführt werden können.
Autohändler werden zu Rücknahmestellen
Durch die Altfahrzeugeverordnung stiegen die administrativen Belastungen vor allem für kleinere Autoimporteure enorm. Deshalb schlossen sich Mitte 2003 die Importeure von Dodge, Chrysler, Jeep, Honda, Kia, Daihatsu, Hyundai, Rover, MG, Lotus, Ferrari, Mitsubishi und Maserati zur ÖCAR Automobilrecycling-Gesellschaft zusammen. Der Zwei-Mann-Betrieb organisiert die gesetzeskonforme Altauto-Rücknahme sowie die Wiederaufbereitung dieser Marken und hat mittlerweile zehn Prozent Marktanteil bundesweit. "Das System ist effizient. Österreich hat auch die derzeit schärfste Verordnung in der EU", erklärt ÖCAR-Manager Erwin Janda.
Der Entsorgungsexperte sieht darin nicht nur organisatorische Vorteile: "Durch die EU-Richtlinie bzw. unsere Verordnung werden bereits bei der Produktion von Kraftfahrzeugen potenziell gefährliche Abfälle wie etwa Quecksilber reglementiert und reduziert. Die positiven Auswirkungen auf die Umwelt spürt bereits unsere Generation."
157 Rücknahmestellen bei Fachhändlern stehen der ÖCAR bundesweit zur Verfügung. . Das System ist simpel: Für jedes verkaufte Neufahrzeug der genannten Marken zahlt der Autoimporteur 4,80 Euro in die ÖCAR-Kassa. Den Rest erledigt ÖCAR: "Die Durchführung der strengen Wiederverwertungs-Verpflichtung reicht von elektronischer Aufzeichnung von Menge, Herkunft und Verbleib gefährlicher Abfällen bis zur Datenübermittlung ans Umweltministerium. All das wickeln wir als Vertragspartner für die Importeure ab. Diese sind zugleich Eigentümer der Gesellschaft", beschreibt der 36-jährige seine Aufgaben.
Spezielle Anlagen zur Aufbereitung
Kfz-Schrott hat einen gewissen Wert. Zwar nicht mehr für den Letzt-Besitzer, wohl aber für die verarbeitende Industrie. Dazu ist jedoch eine professionelle Aufbereitung und Behandlung durch Shredderbetriebe erforderlich. Sechs solcher Anlagen bundesweit gibt es. Sie holen auch noch die verborgenste Schraube, den letzten Tropfen Öl, das kleinste Teilchen wertvoller Kat-Keramik aus den Karren. Magnete, Mühlen und Trennaggregate stampfen, keuchen, blasen und saugen, bis jedes verwertbare Teilchen aussortiert ist. Selbst die rund 30 Prozent Schredderabfall landen mit dem Ziel einer Wiederverwertung in zwei speziellen Aufbereitungsanlagen im oberösterreichischen Enns und im steirischen Erzberg.
Große Markenimporteure beschäftigen für die Rücknahme- und Entsorgungsmodalitäten eigene Leute. Janda hofft nun, dass sich durch die seit 1. Jänner geltende Rücknahmeverpflichtung mehr von ihnen ans ÖCAR-System anschließen: "Das Konzept läuft sehr effizient, Kapazitäten sind auch genug da."
150.000 Wracks pro Jahr "verschwinden"
Die neue Regelung sollte auch helfen, ein anders Problem zu lösen: Von den mehr als vier Millionen in Österreich zugelassenen Pkw werden pro Jahr etwa 240.000 Fahrzeuge endgültig abgemeldet, weil sie am Ende ihrer technischen Lebenszeit angelangt sind. Nach den zuletzt vorliegenden Zahlen für das Jahr 2005 hat die Behörde jedoch nur 95.000 Altfahrzeuge registriert, die in Österreich einer ordnungsgemäßen Verschrottung zugeführt worden sind.
Die offenkundige, markante Differenz zwischen dem theoretischen und dem tatsächlich vorhandenen Bestand an Autowracks lässt die heimischen Schrottverwertungsunternehmen Alarm schlagen: "Jedes Jahr verschwinden in Österreich etwa 150.000 schrottreife Pkw. Die meisten davon landen über dubiose Kanäle im Ausland, manche werden sogar über Überseehäfen, wie Rotterdam, nach Afrika oder Indien verschifft", berichtet Walter Kletzmayr, Sprecher der österreichischen Schredderbetriebe.
Lasse man beispielsweise seinen alten Schrottwagen vor dem Haus stehen, "können Sie sicher sein, dass zwei, drei Tage später ein Bulgare oder Rumäne an der Haustür klingelt und Ihnen 100 Euro für das Vehikel in die Hand drückt", erzählt Kletzmayr. Welche Mengen an wertvollen Rohstoffen durch diesen undurchsichtigen Schrotthandel verloren gehen, dokumentiert der Abfallwirtschaftsprofi mit Zahlen: Rechnet man mit einem Recycling-Restwert von 40 bis 100 Euro für jedes Altauto, gehen den heimischen Schreddern mindestens sechs Millionen Euro durch die Lappen. "Das ist aus wirtschaftlicher Sicht ein grober Unsinn, da wir im eigenen Land Stahl, Aluminium oder Kupfer aus den zurückgeführten Altautos wiedergewinnen könnten - Rohstoffe, die wir momentan teuer importieren müssen", stellt Kletzmayr fest. Zum anderen sei die Angelegenheit auch umweltpolitisch höchst bedenklich: "Die fachgerechte Entsorgung von Giftstoffen, wie Blei oder Altöl, ist in vielen Staaten ein Fremdwort".