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Viele Bawag-Mitarbeiter über Kredit-Debakel verärgert

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Bawag-Betriebsrat berät wegen des Refco-Skandals. | Angeblich bereits 500 Mio. Euro von Kunden abgezogen. | Wien. Viele Bawag-Mitarbeiter sind über das Refco-Debakel empört. Sie finden, dass der 425-Millionen-Euro-Kredit an den ehemaligen Refco-Chef Phillip Bennett leichtfertig vergeben wurde. Refco ist mittlerweile in Konkurs, Bennett wurde kurzfristig festgenommen und nur für 50 Mill. Euro Kaution auf freien Fuß gesetzt.


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Für Bawag-Mitarbeiter war es indes oft schwierig, überhaupt einen Kredit zu bekommen, erklärt ein Bawag P.S.K.-Betriebsrat im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bis vor wenigen Jahren musste noch der unmittelbare Vorgesetzte dem Kreditansuchen eines Mitarbeiters zustimmen. Meistens dauerte es zwischen drei und vier Wochen, bis das Geld überwiesen war. "Es ist aber unvorstellbar, wie locker das Geld dem Herrn Bennett über den Tisch geschoben wurde. Das sorgt für Ärger. Viele Mitarbeiter erwarten, dass Konsequenzen gezogen werden", so der Betriebsrat.

Auch viele Kunden können die Affäre nicht einfach wegstecken. Angeblich wurden bereits 500 Mio. Euro von der Bawag abgezogen.

32 Betriebsräte trafen deshalb Montag Nachmittag zusammen, um über die heikle Situation nach der Kredit-Affäre zu beraten.

Es wurde gerätselt, warum Bawag-Vorstand Johann Zwettler - der als biederer Buchhalter gilt, der jeden Euro zweimal umdreht - den angeforderten Kredit innerhalb von fünf Tagen überwiesen hat. Denn die telefonische Anfrage war am 5. Oktober, der Vorstand beriet am 9. Oktober darüber und überwies tags darauf per elektronischer Anweisung eine Tranche von 350 Mio. Euro, Monate zuvor hatte Refco 70 Mio. Euro bekommen.

Bei dem Zusammentreffen der Betriebsräte war auch von "Panikreaktion" die Rede. Denn es sei nicht üblich, dass solche Summen nach einem Anruf überwiesen werden.

Ein solch übereiltes Vorgehen nährt unter den Bawag-Mitarbeitern den Verdacht, dass die Bawag eventuell selbst Einlagen bei Refco, womöglich über Umwege, hatte. Außerdem wollen viele Bawag-Beschäftigten wissen, zu welchen Konditionen Bennett das Geld von der Bank bekam.

Der Kontakt zu Refco-Mann Bennett wurde zuerst von Ex-Bawag-Vorstand Walter Flöttl eingefädelt und später von seinem Nachfolger Helmut Elsner ausgebaut. Dieser war auch 1999 stolz, eine 10-Prozent-Beteiligung an Refco zu erwerben und damit endlich einen Fuß in der Tür zur Hochfinanz zu haben. Die Beteiligung wurde mittlerweile wieder verkauft.

Elsner und Wallner

Elsner verfügt über ausgezeichnete Verbindungen zu Casino- und Lotterien-Chef Leo Wallner. Er ging zwar bei der Bawag in Pension, ist aber nach wie vor zweiter Mann hinter Wallner bei den Lotterien. Stellvertretender Aufsichtsratschef der Lotterien ist der leitende ÖGB-Sekretär Günter Weninger, der dem Aufsichtsrat der Bawag vorsitzt, in dem auch Leo Wallner ein kontrollierendes Mitglied ist. Der Aufsichtsrat, der zum Großteil mit Gewerkschaftsfunktionären besetzt ist, hat den Vorstand vorläufig freigespielt und die Verantwortung an die Finanzmarktaufsicht delegiert. Nach deren Prüfung soll über die weitere Vorgangsweise entschieden werden, so Weninger.

Die US-Behörden sind in der Causa Bennett, dem vorgeworfen wird, die Refco-Bilanzen gefälscht zu haben, nun auf Informationen und Unterstützung aus Österreich angewiesen. Die Kontakte zu offiziellen Stellen wurden bereits letzte Woche hergestellt.

Schützenhilfe bekommt die Bawag von Nationalbankgouverneur Klaus Liebscher, dieser forderte verbale Zurückhaltung "im Interesse der Reputation des Finanzplatzes wie auch zur Vermeidung unnotwendiger Verunsicherungen der Sparer und Anleger". Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat das schnelle Eingreifen der Finanzmarktaufsicht verteidigt.

Zum Feiern ist der Gewerkschaft anlässlich des Weltspartages gar nicht zumute, es herrscht Katerstimmung. Deshalb wurde die geplante Kampagne zur unlängst vollzogenen Fusion schon vorige Woche abgeblasen.