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Viele Bedenken, wenig Zeit

Von Simon Rosner

Politik

Statt Beschluss im Nationalrat Thema in Regierungsverhandlungen.


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Wien. Die Regierungsparteien haben also recht behalten. Noch ehe die ersten Stellungnahmen zum Demokratiereform-Entwurf eintrudelten, hatten die Klubobmänner von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf, mit kritischen Beurteilungen gerechnet. Ein Beschluss noch vor der Wahl, meinten Cap und Kopf vor Wochen, werde zeitlich eher nicht drin sein. Die Prognose erwies sich als richtig, und es kam wie erwartet: Bedenken, Kritik, Änderungswünsche - ein Beschluss im September ist damit vom Tisch.

Theoretisch wäre bis zum 28. Oktober Zeit, den Entwurf zu beschließen, also bis exakt ein Monat nach der Wahl, wie Parlamentsexperte Werner Zögernitz erklärt. Erst dann verfallen rein formal alle unerledigt gebliebenen Vorhaben. "Der ganze Prozess muss dann neu begonnen werden", sagt Zögernitz, der Leiter des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen. Zwar könne das ausgehandelte Papier danach noch einmal auf den Instanzenweg geschickt werden, der langjährige ÖVP-Klubdirektor Zögernitz rechnet jedoch damit, dass "dieses Thema in die Regierungsverhandlungen einfließen wird".

Und das könnte dann durchaus spannend werden, da auch innerhalb der Regierungsparteien in entscheidenden Punkten, etwa einer verpflichtenden Volksbefragung für erfolgreiche Volksbegehren, die Ansichten auseinandergehen. Bedenken daran äußerten in ihren Beurteilungen nicht nur Verfassungsjuristen, sondern dezidiert auch ÖGB und Wirtschaftskammer. Dass sich der Verve, mit dem sich SPÖ und ÖVP für die Stärkung von direktdemokratischen Mitteln einsetzen, gelinde formuliert, in Grenzen hält, mag auch daher rühren, ebenso die angekündigte Verschiebung eines Beschlusses auf nach der Wahl.

Glawischnig will "nichts übers Knie brechen"

Letzteres sieht Daniela Musiol, die Verfassungssprecherin der Grünen, die den Entwurf mit ausgehandelt hatte, nicht als Notwendigkeit an. "Wir haben noch genug Zeit", sagt sie. Sie ortet vielmehr bei den Regierungsparteien andere Motive hinter der einstigen Kompromissbereitschaft: "Sie wollten halt besser dastehen, die Bevölkerung will sich einbringen können", sagt Musiol.

Abwartend äußert sich allerdings die Parteichefin Eva Glawischnig zur "Wiener Zeitung": "Die Verankerung der direkten Demokratie ist ein so tiefer Einschnitt in unsere gewachsene Struktur, da muss jedes Wort passen. Man sollte daher nichts übers Knie brechen."

Demokratiereform als Koalitionsbedingung

Auf die Aussage Glawischnigs angesprochen, sagt Musiol: "Wir stehen ja nicht am Beginn einer Diskussion, wir hatten Ausschüsse mit Hearings, wir hatten Untergruppen im Parlament. Ein Übers-Knie-Brechen wäre es daher nicht." Musiol verweist auch auf einen Beschluss der Grünen zu Demokratiemaßnahmen, der viel weiter gefasst war, als dann beim Kompromiss mit der Regierung herauskam, etwa der parlamentarische Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht.

Die Forderungen könnten sich SPÖ und ÖVP dann noch einmal anhören müssen, wenn eine dieser Parteien (oder gar beide?) mit den Grünen in Koalitionsverhandlungen treten sollte. Musiol: "Aus meiner Sicht ist eine Regierungsbeteiligung ohne Weiterentwicklung von direkter und parlamentarischer Demokratie unvorstellbar."