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"Viele der Anschuldigungen haltlos"

Von Katharina Schmidt

Politik

Islamlehrer: Vertrag aufgelöst. | IGGiÖ-Chef Anas Schakfeh: Muslime keine Antisemiten. | Wien. Jener Islamlehrer, der am Donnerstag ein Unterrichtsverbot erhalten hat, ist keiner mehr. Sein Vertrag sei am Freitag einvernehmlich aufgelöst worden, hieß es aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ). Wie berichtet, soll der Mann Flugblätter mit einer Liste von Unternehmen an Schüler verteilt haben - mit der Aufforderung, nicht bei diesen Firmen zu kaufen, da sie "jüdisch" seien.


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Der Lehrer wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Schüler selbst hätten im Unterricht Internetseiten besucht, "die solche unsinnigen und unvertretbaren Aufrufe zum Inhalt hatten". Aus dem Unterrichtsressort hieß es, dass der Lehrer seine Schuld eingestanden habe, indem er eine Weisung unterschrieben habe, die ihm politische Agitation im Unterricht untersagt.

Unterdessen haben islamische Religionslehrer angekündigt, eine Gewerkschaft gründen zu wollen.

Auch in Sachen IGGiÖ-Verfassung tut sich etwas: Am Samstag kommt der Schurarat zusammen, um die letzten redaktionellen Änderungen vorzunehmen. IGGiÖ-Chef Anas Schakfeh hofft im Interview mit der "Wiener Zeitung" auf eine rasche Genehmigung durch das Kultusamt, damit "noch vor dem Sommer" Wahlen abgehalten werden können.

"Wiener Zeitung": Wie geht es Ihnen mit den zahlreichen Vorwürfen, die derzeit auf die Muslime niederprasseln? Anas Schakfeh: Wir nehmen alles zur Kenntnis und untersuchen diese Anschuldigungen, von denen sehr viele haltlos sind. Wir sind schon dabei, geeignete Maßnahmen zu treffen. Das Fünf-Punkte-Paket wird umgesetzt.

Das Dienstverhältnis des Ottakringer Islamlehrers wurde einvernehmlich gelöst. Was bedeutet das konkret?

Wir haben ein Disziplinarverfahren gegen den Lehrer eingeleitet. Als der Lehrer zu diesem Verfahren eingeladen wurde, hat er sofort gesagt, dass er nicht mehr an der Weiterbeschäftigung interessiert ist und einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstvertrages zustimmt. Somit hat sich die Geschichte erledigt. Aber hat er nun die Vorwürfe gegen ihn zugegeben?

Es gab sehr widersprüchliche Aussagen von ihm und vom Direktor. Wir haben, als wir durch die Schulaufsicht davon erfuhren, die letzte und schärfste Warnung an ihn gerichtet.

Warum wurde er nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht gleich suspendiert?

Unmittelbar danach hatten wir Semesterferien und somit keinen Unterricht.

Der Autor der Islamlehrer-Studie, Mouhanad Khorchide, glaubt, dass es zu weiteren Suspendierungen geben wird. Wie sehen Sie das?

Das ist keine Glaubensfrage. Entweder gibt es handfeste Indizien, oder es gibt nur Vermutungen. Das wird sich weisen. Khorchide hat das auf die Sprachschwächen mancher Lehrer bezogen - das überprüft die zuständige Schulaufsicht. Wir warten ab.

Wie viele Islamlehrer in Österreich besitzen eine Hochschulausbildung?

Dass das eine geheime, vertuschte Angelegenheit sei, ist einer der Mythen, die jetzt zirkulieren. Wenn wir einen Lehrer einsetzen, bekommt die zuständige Schulaufsichtsbehörde seine Unterlagen und weiß ganz genau, welche Qualifikationen er hat. Alle unsere Lehrer sind gemäß des Religionsunterrichtsgesetzes eingesetzt. Jene Lehrer, die keine pädagogische Ausbildung hatten, wurden in der pädagogischen Akademie des Bundes nachgeschult. Weder wir noch die Schulaufsicht haben gegen geltende Gesetze verstoßen.

Wie ist Ihr Verhältnis zum Judentum?

Ganz normal - so, wie es die letzten 1400 Jahre war. Immer, wenn die Juden in Europa verfolgt wurden, haben sie bei uns im mittleren Osten nicht nur Asyl, sondern eine Heimat gefunden. Das Problem zwischen Israel und Palästina ist ein politisches, kein religiöses. Und: Ich bin Semit, ich kann gar kein Antisemit sein, Antisemitismus ist ein Problem der Arier.