Sie seien eine der friedliebendsten Nationen, die er kenne, schrieb Henry Kissinger über die Thailänder in seinen Memoiren. Der Berater zahlreicher US-Präsidenten, ehemalige US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger muss es wissen: Mit Krieg und Gewalt kennt sich Kissinger aus.
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Doch davon ist dieser Tage nichts mehr zu spüren: Aus dem Herzen Bangkoks steigen schwarze Rauchwolken auf, dem Land droht ein blutiger Bürgerkrieg. Möglich, dass der Gewaltausbruch, der die Hauptstadt nach der Aufgabe der Rothemden heimsuchte, nur ein letztes Aufflackern der Protestbewegung ist. Dieser kann sich allerdings auch zu einem Flächenbrand ausweiten - mit unabsehbaren politischen Folgen.
International ist der Umgang mit dem blutigen Konflikt bemerkenswert gespalten: Das Land ist westlichen Touristen aufgrund von Sonne, Strand und Nachtleben bestens vertraut. Entsprechend breit berichten auch die Medien über die Eskalation der Gewalt zwischen Rot- und Gelbhemden. Beflügelt wird dies noch durch das zahlreich zur Verfügung stehende Foto- und Videomaterial aus dem Herzen Bangkoks, dem Zentrum des Konflikts in den vergangenen Wochen. Nur was sich gut - und das heißt stets drastisch - bebildern lässt, schafft es nach der heutigen Medienlogik dauerhaft in die Schlagzeilen und auf die Titelseiten.
Im Vergleich dazu tönt das Schweigen der internationalen Staatengemeinschaft angesichts des Blutvergießens umso lauter. Abgesehen von einigen vielleicht gut gemeinten UNO-Appellen zur Absage von Gewalt an die Adresse der Konfliktparteien herrscht diesbezüglich Funkstille. Thailand bleibt sich selbst überlassen.
Tatsächlich scheint abseits von Strand und Nachtleben niemand zu verstehen, wie dieses Land tickt: Wer sind die Drahtzieher im Hintergrund, welche Netzwerke halten die Macht in Händen beziehungsweise wollen sie an sich reißen? Auch der gottgleich verehrte König Bhumibol Adulyadej spielt eine zwielichtige Rolle. Wie sonst bringt es der Herrscher eines Schwellenlandes auf ein Vermögen von, laut "Forbes", geschätzten 35 Milliarden US-Dollar - und damit zum reichsten Monarchen dieser Erde?