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In der Deutschen Oper am Rhein ist die Bühne voller Hakenkreuze. Der mittelalterliche Minnesänger ist ein NS-Verbrecher, während der Ouvertüre sieht man, wie KZ-Häftlinge vergast werden. Gespielt wird zur Inszenierung Burkhard C. Kosminskis Richard Wagners Oper "Tannhäuser". Und jetzt ist ein wenig zu nachdrückliche Empörung und ein wenig zu betroffene Reaktion der Opernleitung angesagt.
Lediglich einer scheint in all dem heftigen Wundenlecken Ruhe und Überblick zu bewahren, nämlich Michael Szentei-Heise, seines Zeichens Präsident der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf: Wagner sei zwar ein "glühender Antisemit" gewesen, dies aber dem Komponisten "auf der Bühne so um die Ohren zu schlagen, halte ich für nicht legitim". "Wagner", so Szentei-Heise, "hatte mit dem Holocaust nichts zu tun." Womit Szentei-Heise die Vorgangsweise gewisser Regisseure, Wagners Opern als NS-Kult auszustaffieren, klar und präzise als Unfug entlarvt.
Die Methode, nach dem Motto "je weniger Einfälle, desto mehr Hakenkreuze" einer ideenlosen Inszenierung wenigstens den Hautgout des Skandals zu verleihen, hat freilich wieder funktioniert. Leidtragend ist dabei das Publikum, das solche Inszenierungen wieder und wieder sehen muss und keine Chance hat, durch seine Reaktion Einfluss zu nehmen. Denn gibt’s Applaus, und sei er noch so dünn, wird ein "Sensationserfolg" hinausposaunt, setzt es einen Skandal, ist von "schmerzhafter, aber notwendiger Vergangenheitsbewältigung" die Rede. Welche Opernleitung schließlich wäre mutig genug zuzugeben, dass ein von ihr engagierter Regisseur schlicht und einfach Mist gebaut hat.