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Viele Iraner blicken neidvoll nach Tunis und Kairo

Von Arian Faal

Politik

Bisher keine Unruhen in Teheran, Regime dennoch alarmiert. | Teheran/Wien. Wer in diesen Tagen durch Teherans Straßen fährt, bemerkt eine verstärkte Polizeipräsenz an den Hauptverkehrsknotenpunkten. Während man seitens der Polizei auf Anfrage der "Wiener Zeitung" von einer reinen Routinemaßnahme spricht, deutet die Omnipräsenz der paramilitärischen Bassij-Milizen darauf hin, dass die Führung angesichts der Lage in Ägypten und Tunesien in Alarmbereitschaft ist.


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Denn die Bilder des Volksaufstandes in den beiden nordafrikanischen Ländern lassen Erinnerungen an die Massendemonstrationen der "grünen Protestbewegung" der Opposition nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Juni 2009 wach werden. Parallelen gibt es ja genug: Nachdem Irans Hardliner-Präsident Mahmoud Ahmadinejad den Sieg gegen seinen Herausforderer, Oppositionschef Mir Hossein Moussavi, trotz Manipulationsvorwürfen für sich proklamiert hatte, gingen wochenlang tausende Menschen auf die Straße und forderten Neuwahlen und einen politischen Umbruch. Auch hier war das Internet jene Plattform, auf der sich die überwiegend jungen Menschen organisierten. Ermutigt durch das Freitagsgebet des Chefs des Schlichtungs- und Expertenrates und Ahmadinejad-Kritikers Ayatollah Ali Rafsanjani, in dem dieser offen von einer Krise des Landes gesprochen hatte, erreichten die Proteste dann im Juli 2009 einen weiteren Höhepunkt.

Ab diesem Zeitpunkt jedoch begann die Führung, die Revolte mittels Massenverhaftungen, Zensur und Versammlungsverboten zu ersticken. Hunderte Verhaftete, darunter zahlreiche moderate Politiker, Journalisten und Intellektuelle, mussten sich vor eigens eingerichteten Revolutionstribunalen wegen "Anstiftung zur öffentlichen Unruhe" verantworten. Viele von ihnen landeten in den Foltergefängnissen Evin und Kahrizak. Mit solch drastischen Maßnahmen konnte die Opposition mundtot gemacht werden. 2010 kam es dann nur noch an religiösen Feiertagen, die die Führung für Propagandazwecke missbrauchte, gelegentlich zu Demos.

Was aber blieb, sind Internetforen, wo jetzt wieder Freiheit geschnuppert wird: Schon gibt es einen Facebook-Aufruf, dass die Bürger Zahlscheine nicht einzahlen sollen, um das Regime wirtschaftlich unter Druck zu bringen. Botschaften der Führung wie jene, dass man in Tunis und Kairo sehe, was passiere, wenn das Volk nicht in politische Prozesse eingebunden werde, heizen die Wut nur weiter an.