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Rettungsschirm ist für Radovan Zerjav noch kein Thema.
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"Wiener Zeitung":Welche Pläne hat die Regierung neben den Sparprogrammen, um die Krise zu bekämpfen?Radovan Zerjav: Sparen ist sicher die Hauptaufgabe dieser Regierung. Wir hatten 2009, 2010 und 2011 ein Budget mit zwei Milliarden Euro Defizit: acht Milliarden Einnahmen, zehn Milliarden Ausgaben, drei Jahre hintereinander. Die vorige Regierung hat einiges vorgeschlagen: eine Pensionsreform, eine Reform der Schwarzarbeitregelung und der Studentenjobs. Meine Partei hatte das Paket unterstützt, aber eine Volksabstimmung hat es zu Fall gebracht. Für die neue Regierung, die es seit Februar gibt, war natürlich die erste Priorität, das Budget zu sanieren.
Die Gewerkschaften haben das mitgetragen?
Ja, wir haben es ohne Referendum geschafft. Wir haben viel mit den Gewerkschaften gesprochen. Ich weiß selbst nicht genau, wie das gegangen ist, aber es hat Gott sei Dank geklappt.
Was machen Jugendliche ohne Job?
Sicher ist die Arbeitslosigkeit ein Problem. 2008 hatten wir 50.000 Arbeitslose weniger. Aber im Vergleich zu anderen EU-Staaten steht Slowenien mit acht Prozent Arbeitslosigkeit relativ gut da. Wir senken die Körperschaftssteuer bis 2015 auf 15 Prozent. Für Investitionen gibt es Steuererleichterungen von 40 Prozent, für den Bereich Entwicklung von 100 Prozent.
Was sollen Jugendliche ohne Job machen? Irgendwie durchhalten?
Sicher, durchhalten. Slowenien hat einen Fehler gemacht, weil hier zu viele junge Leute Ausbildungen bekamen, die strategisch nicht helfen. Wir haben zu viele Ökonomen, zu viele Juristen, Soziologen, Politologen, Journalisten und zu wenig Experten aus dem technischen Bereich wie Ingenieure, Chemiker, Maschinenbauer.
Haben Sie keine Angst, dass es einen Brain-Drain geben wird, viele Jugendliche auswandern?
Den hat es in Slowenien immer gegeben. Vielleicht gibt es jetzt ein wenig mehr, aber es wird keine Massenflucht nach Deutschland oder Österreich stattfinden.
Was halten Sie von Kurzarbeit?
Die hatten wir in den Jahren 2009/10, und das war nicht schlecht. Wir denken darüber nach, ob Kurzarbeit wieder eine Möglichkeit sein könnte. Bis Ende des Jahres werden wir jedenfalls eine Arbeitsmarktreform haben.
Wie wird die aussehen?
Wir brauchen einen flexibleren Arbeitsmarkt. Bei uns sind die Arbeiter sehr geschützt. Unternehmer, die keine Arbeit haben, sollen ihrem Personal auch schneller "Danke" sagen können. Aber für ein solches Gesetz wird der Dialog mit den Gewerkschaften besonders wichtig sein. Ein wichtiger Punkt unseres Regierungsprogramms ist außerdem die Bildung einer Staatsholding für alle Unternehmen in Staatsbesitz.
Hilft das gegen Vetternwirtschaft und Missmanagement?
Wenn der Staat Besitzer ist, muss er sich doch auch kümmern. Aber die Corporate Governance in staatlichen Unternehmen muss verbessert werden.
Wie?
Wir werden das noch in diesem Jahr vorbereiten. Was jetzt wichtig ist, sind Auslandsinvestitionen. Hier gibt es in Slowenien noch großes Potenzial.
An wen denkt man da?
Es gibt schon viele positive Beispiele, besonders Unternehmen aus Österreich und Deutschland. Wir haben auch eine Agentur, die sich nur um Auslandsinvestitionen kümmert. Deshalb haben wir auch mehrere Änderungen gemacht, damit das Wirtschaftsumfeld für Investitionen besser wird.
Wie ist der Stand bei den Verhandlungen um eine Schuldenbremse?
Über die Schuldenbremse gab es bereits Konsens letzten Herbst. Alle waren dafür. Nachdem wir die Regierung gegründet haben, haben zwei Parteien ihre Meinung geändert. Jetzt führen wir laufend Gespräche. Wir müssen einen Konsens finden, das wäre ein sehr positives Signal für alle Investoren.
Wird die Regierung daran zerbrechen?
Neuwahlen halte ich für unwahrscheinlich und die denkbar schlechteste Lösung. Es könnte aber zu einem Regierungsumbau kommen.
Wie geht es mit den maroden Banken weiter?
Wir wollen die faulen Kredite der Banken auslagern. Ob das eine Bad Bank wird oder ein Fonds ist noch nicht klar.
Viele fordern, die Banken an den Kosten zu beteiligen - auch, indem aus den leerstehenden Wohnungen Sozialwohnungen werden.
Das ist sicher eine gute Idee. Es gibt richtig viele Wohnungen.
Das heißt: Die Regierung kauft den Banken die Wohnungen ab?
Das Thema Bankensanierung wird noch zwischen den politischen Parteien diskutiert.
Fürchten Sie nicht, dass - wie in Griechenland oder Spanien - junge Leute wegen der Krise massenweise auf die Straße gehen könnten?
Im Gegensatz zu Griechenland oder andere Staaten können wir noch immer alles allein schaffen. Die Frage ist nur, ob genug politischer Wille da ist.
Der Rettungsschirm ist kein Thema?
Noch nicht.
Zur Person
Radovan Zerjav
ist seit 2012 Wirtschaftsminister Sloweniens. Er wurde 1968 in Maribor geboren. Er studierte Chemieingenieurswesen, war 2007-2008 Transportminister Sloweniens und wurde 2009 zum Vorsitzenden der Slowenischen Volkspartei gewählt.