Das Gfrett lokaler Tourismusverbände mit ihren Ortsnamen als unvollständige Auflistung aus dem "Österreichischen Amtskalender".
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Unser Land, dessen BIP so sehr vom Fremdenverkehr abhängt, tut sich schwer, im internationalen Wettbewerb des Bettenfüllens möglichst gut dazustehen. Manches scheitert schon an so banalen Dingen wie Ortsnamen. Könnte Erbtante Erna eine Grußkarte aus Afterbach (bei Melk) nicht als deftigen Affront missverstehen? Auch Kotzgraben (Bezirk Bruck an der Mur) empfiehlt sich namentlich nicht gerade zum Seelenbaumeln, ganz zu schweigen von Arschlochwinkel (einem beeindruckenden Wander- und Klettergebiet am Fuße des Dachsteins).
Dies macht den Tourismusstrategen besagter Gemeinden das Leben schwer. Zwar wurde Gaunersdorf durch Gaweinsthal ersetzt, Stinkenbrunn durch Steinabrunn und Scharsdorf durch Schardorf, um Missverständnissen bei schlampiger Aussprache phonetisch vorzubeugen. Doch viel gäbe es noch zu tun. So mag Fucking (Bezirk Braunau) zwar seine Wirkung auf Sextouristen haben, die enttäuschten Erwartungen würden aber nur allzu bald die Runde machen und bundesweiten Flurschaden anrichten (dazu noch dieser schreckliche Anglizismus, ausgerechnet in Braunau).
Jeder weiß: Ortsnamen sollten schon bei der ersten Erwähnung positive Resonanzen auslösen. Freilich, nicht jeder Fleck kann mit Operettenhintergrund aufwarten wie St. Wolfgang oder mit Träumen in Weiß wie Kitz oder Lech. Aber gleich gar so tief aus dem Essigfass schöpfen wie beim schon erwähnten Kotzgraben? Über den übrigens sonst nur Gutes zu berichten wäre. So wie in diesem Relikt der Stille, in dem sich ganze neun Familien Wälder, Fluren und Einkehrgasthaus teilen, muss es einst in Peter Roseggers Waldheimat gewesen sein.
Gar manches namentliche Ungemach geht schlichtweg auf schlampige Aussprache zurück, der einst Kartografen aufgesessen sind. So steht Alberndorf im Bezirk Hollabrunn nicht für eine auffällige Häufung von Dorftrotteln, sondern für das historische Adelberndorf des Markgrafen Adalbert von Österreich, der 1041 Ort und Umgebung dem böhmischen Herzog Bretislav bis hinauf zur Thaya entriss.
Schon das heimische Urgestein Hans Weigel (Schriftsteller, 1908 bis 1991), den diverse Burgschauspieler vor Gericht für seine Kritiken mit Landesverweis bestraft sehen wollten - er war ja zudem noch Jude -, regten Österreichs Ortsnamen an. Wer kennt nicht seine grammatikalischen Spiele mit Melk an der Donau. Als Imperativ: "Melk an der Donau!". Und dann konjugierend: "Ich melk an der Donau, du melkst an der Donau, er melkt an der Donau . . ."
Sicher hätte Weigel, der mit schelmischer Warnung mehr oder weniger zum Weiterspielen einlud, auch über folgenden Satz gelacht: "Die Drutschen aus Gschieß in Obergail Rif Namlos zum Schabernack mit dem Sausack in die Nesselstauden auf den Rammelhof." Der amtskalendarische Nachweis dazu: Drutschen (Bezirk Villach), Gschieß (Bezirk Spital), Obergail, (Bezirk Hermagor), Rif (Bezirk Hallein), Namlos (Bezirk Reutte), Schabernack (Bezirk Knittelfeld, Sausack, (Bezirk Ried), Nesselstauden (Bezirk Krems Land), Rammelhof (Bezirk Zwettl).
Und damit Tschau (Bezirk Villach Land).
Passend zum Thema: das "Ortsnamenlied" des Wiener "Trio Lepschi":http://www.youtube.com/watch?v=guCHinKLRrg