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Viele Rezepte für Finanzrahmen

Von Wolfgang Tucek, Brüssel

Europaarchiv

Das Europäische Parlament schaltet sich in die zähe Debatte um den Finanzrahmen der EU für die Periode 2007 bis 2013 ein. Es unterstützt weitgehend den Ansatz der EU-Kommission, verlangt aber deutliche Nachbesserungen und Präzisierungen vor allem im Ausgabenbereich. Die Nettozahler ihrerseits beharren auf einem knapperen EU-Budget.


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Anfang der Woche hat Reimer Böge, der Berichterstatter für den Haushaltsplan 2007 bis 2013, die Position des Europäischen Parlaments im Ringen um den neuen Finanzrahmen vorgelegt. "Ein Festhalten an den aktuellen Zielen ist mit ein Prozent nicht zu machen", erteilt der CDU-Europaparlamentarier der Forderung der sechs Nettozahler eine Abfuhr. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Österreich und Schweden beharren derzeit auf der Deckelung ihrer Beitragszahlungen mit ein Prozent des Bruttonationalprodukts (BIP), oder im Schnitt rund 115,9 Mrd. Euro pro Jahr.

Allerdings finde auch der Vorschlag der Kommission die notwendige Zustimmung des Parlaments "so nicht", hält der Berichterstatter fest. Zwar liegt sein Konzept mit 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung und etwa 126,5 Mrd. Euro pro Jahr näher an den von der EU-Exekutive geforderten 1,14 Prozent. Das vorliegende Zahlenwerk sei zum Teil jedoch scheinbar "Pi mal Daumen" geschätzt. Böge wittert ein Einsparungspotential von gut 46,5 Mrd. Euro über die Gesamtperiode. Auch müsse der Mittelverwendung besonderes Augenmerk gelten. So seien etwa die Forschungs- und Infrastrukturförderungen im Sinne der Lissabon-Strategie zwar löblich, aber übertrieben. Weiteres Einsparungspotential bergen etwa die Agrarförderungen (in Höhe von 7,9 Mrd. Euro) und der Verwaltungsaufwand (2,9 Mrd. Euro). Dafür sollen die "chronisch unterfinanzierten" Bereiche der EU-Innen- und Außenpolitik aufgestockt werden.

Böge regt darüber hinaus eine Verkürzung der Finanzperiode von 2007 bis 2010 an, um sie der Legislaturperiode von Kommission und Parlament anzugleichen. Das erleichtere auch einen Kompromiss zwischen den Nettozahlern und der Kommission, da viele durch die EU-Erweiterung entstandenen finanziellen Verpflichtungen erst nach 2010 fällig werden.

Diesen Kompromiss bis Ende Juni zu erzielen, hatte sich die luxemburgische Ratspräsidentschaft neben der bereits erfolgten Reform des Wachstums- und Stabilitätspakts auf die Fahnen geheftet. Die Fronten scheinen aber verhärtet. "Ein Prozent bleibt ein Prozent", erklärte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder jüngst. Dass die Deutschen von dieser Position nach ihrem Erfolg beim Stabilitätspakt abweichen wollen, verwies Finanzminister Hans Eichel ausdrücklich ins Reich der Gerüchte.

Der Briten-Rabatt

Eine grobe Hürde ist auch der Beitragsrabatt für Großbritannien von zuletzt mehr als vier Mrd. Euro. Den will die Kommission durch einen "allgemeinen Korrekturmechanismus" ersetzen. Dieser Vorschlag geht Deutschland, den Niederlanden und Schweden nicht weit genug. Für London wiederum ist eine Aufweichung des Rabatts aber "nicht verhandelbar", ließ Außenminister Jack Straw wissen. Die Briten wählen Anfang Mai ihr Parlament, davor sind keine Zugeständnisse zu erwarten. Sollte bis Juni kein Kompromiss erreicht werden, gilt das gesamte Thema vorerst als unlösbar, weil London im zweiten Halbjahr 2005 den EU-Ratsvorsitz übernimmt.

Die Kommission will ihren Entwurf diese Woche noch präzisieren. Das Europäische Parlament verlangt ultimativ die Berücksichtigung seiner Schwerpunkte. Sollte es keine Einigung mit den Mitgliedsstaaten und der Kommission geben, müsse der Haushalt eben ab 2007 jährlich neu verhandelt werden, meint Berichterstatter Böge. Die vertragliche Obergrenze der Beiträge für das EU-Budget läge dann bei 1,06 bis 1,07 Prozent der Wirtschaftsleistung. n