Aufträge für Handwerker brachen um elf Prozent ein. | Kurzarbeit findet wenig Anklang. | Wien. Ein Dominoeffekt bringt Österreichs Gewerbebetriebe gehörig ins Strudeln: Weil die Nachfrage der Tourismus- oder Autoindustrie einbricht, bleiben auch die Handwerker auf ihren Sortiment sitzen.
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"Bei uns ist die Nachfrage nach der Installation von Antriebsmotoren heuer um zehn Prozent zurückgegangen", berichtet Oskar Kermer vom Wiener Traditionsbetrieb Pfeiffer Elektromotoren. Auch das Geschäft mit den Motoren-Reparaturen laufe nicht so gut wie erwartet. Die Gründe sind vielfältig: So bestellen Kunden aus der Nahrungsmittelbranche derzeit weniger Verpackungsmaschinen und Förderanlagen. Und die Baufirmen lassen wissen, dass sie keine Kredite bekommen, um Motoren und Getriebe für große Baumaschinen anzuschaffen.
Die Situation des Motoren-Spezialisten ist bezeichnend für die gesamte Sparte Gewerbe und Handwerk. Georg Toifl, Spartenobmann der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), berichtet von einem "dramatischen Stimmungswechsel" im zweiten Quartal. Die Auftragsbestände schrumpften im Jahresvergleich um 11 Prozent, die Umsätze rutschten um 21 Prozentpunkte ab, betonte er am Montag vor Journalisten.
Größter Arbeitgeber
Österreichs 90.000 Gewerbebetriebe sind mit insgesamt 570.000 Beschäftigten der größte heimische Arbeitgeber. Es sind vor allem die investitionsgüternahen Firmen wie Elektro-, Sanitär- und Heizungstechniker, Schlosser, Schmiede und das Baugewerbe, die an der Krise zu nagen haben.
In den konsumnahen Branchen sind die Umsätze im Vergleich zum zweiten Quartal 2008 um 20 Prozent geschrumpft. Betroffen sind ein Drittel der Betriebe. Am härtesten traf es Zulieferer aus dem Kunststoffbereich, dem Bekleidungsgewerbe und Mechatroniker - aber auch Bäcker und Fleischer.
Toifl, der selbst eine Textilverleih- und -Reinigungsfirma in Wien betreibt, hat seine Investitionspläne in Maschinen um bis zu neun Monate verschoben. Besonders die 5-Sterne-Hotels benötigten wegen der schwachen Buchungslage weniger Bettwäsche & Co. Weiterhin positiv verlaufe das Textilverleihgeschäft mit Abnehmern aus dem Gesundheits- und Pflegewesen.
Besonders die konsumnahen Branchen sehen auch die kommenden Quartale pessimistisch. So stieg der Anteil der Schwarzseher von 14 auf 27 Prozent. "Die Menschen legen ihr Geld lieber aufs Sparbuch als es auszugeben", sagt Toifl. In den vergangenen Monaten hätten die Österreicher ihre Sparquote um 13 Prozent erhöht und insgesamt 7 Mrd. Euro angehäuft. "Dieses Geld in den Konsum zu stecken, würde ausreichen, um bis zu 12.000 Jahres-Arbeitsplätze pro Milliarde Euro zu finanzieren."
Trotz der trüben Aussichten wollen die Gewerbebetriebe bis September ihren Mitarbeiterstand sogar um 3 Prozent aufstocken. Laut der quartalsweise durchgeführten Konjunkturerhebung planen 74 Prozent, den Beschäftigtenstand zu halten, 19 Prozent wollen Mitarbeiter einstellen und 7 Prozent befürchten, abbauen zu müssen.
Kurzarbeit ist für die Gewerbebetriebe kein Allheilmittel. Von den 60.000 Kurzarbeitern entfallen bloß 1200 auf das Gewerbe. "Anfangs brauchte man dazu einen Betriebsrat, das haben Kleinbetriebe nicht", erklärte der Geschäftsführer der Bundessparte, Helmut Heindl. Die neue Zusatzvereinbarung, die Überstunden während der Kurzarbeit verbietet und bei einer Arbeitszeitkürzung von weniger als 45 Prozent 90 Prozent des Kostenersatzes vorschreibt, sei zu teuer. Sinnvoller seien Teilzeitvereinbarungen oder Bildungskarenzen.
Auch bei Pfeiffer Elektromotoren mit seinen 14 Mitarbeitern ist Kurzarbeit kein Thema: "Wir müssen flexibel sein und Mechatroniker sofort zur Stelle haben, wenn ein Auftrag an Land gezogen ist", so Kermer.