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Der Volkspartei wird ja gerne nachgesagt, dass sie bereit wäre, mit der FPÖ neuerlich eine Koalition zu bilden. Die von "News" veröffentlichten Einvernahme-Protokolle von Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach und seiner früheren Sekretärin sollten jene in der ÖVP unterstützen, die dies ablehnen. Wie schon bei den laufenden Ermittlungen gegen die Herren Grasser, Scheuch, Meischberger und Scheibner zeigt sich folgendes Bild: Politiker, die entweder Gesetze machten oder sie zu exekutieren hatten, nehmen diese im privaten Umfeld bestenfalls als Möglichkeit wahr (es gilt die Unschuldsvermutung).
Beispiel Gorbach: Eine Sekretärin gibt an, über Hochegger-Umwege von der Telekom monatlich 4500 Euro für selbständige Tätigkeit erhalten zu haben. Sie sei aber ausschließlich für den damaligen Jungunternehmer Gorbach tätig gewesen. Jeder Gewerbebetrieb in Österreich weiß, wie die Gebietskrankenkassen auf solche Konstruktionen reagieren - und unterlässt sie.
Ein Finanzminister, der mit Diplomatenpass ein paar hunderttausend Euro persönlich in die Schweiz bringt.
Eine nach den Wirren der damaligen FPÖ/BZÖ-Trennung bei den Orangen gelandete Partei-Werbeagentur erhält 300.000 Euro. Wofür? Die neue BZÖ-Führung will naturgemäß nichts damit zu tun haben und verweist auf den damals zuständigen Uwe Scheuch. Der ist aber auch schon wieder weg und nun Obmann der FPK in Kärnten. Mit den "Orangen" hat er nichts zu tun...
Unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung all dieser Vorgänge stellt sich auch 2012 die Frage nach der politischen Ethik.
All dies gehört sich nicht, es ist unanständig. Politikern mag vorgeworfen werden, dass sie feig sind - die Scheu vor unpopulären Entscheidungen ist kein Privileg dieser Berufsgruppe. Aber sie müssen anständig sein, das ist der legitime Anspruch der Wähler.
In den Parteien FPÖ, FPK, BZÖ tummeln sich all diese Politiker, die bis vor wenigen Jahren Jörg Haider um sich versammelt hat. Viele von ihnen sind immer noch aktiv, im National-, Bundesrat oder in Landtagen.
Was die Justiz bisher zutage gefördert hat, genügt aber vollauf, um offenzulegen, dass die betroffenen Parteien ihre Chance auf Regierungsverantwortung dauerhaft verwirkt haben. Das macht die Suche nach künftigen Koalitionen nicht einfacher, aber das Land etwas sauberer.