Die Betroffenen schmeißen die Schule oft ganz hin. | Viele Neuerungen im neuen Schuljahr. | Wien. Es ist soweit. Die Nachprüfungen 2009 sind vorbei und die Schulklassen wurden neu zusammengesetzt. Schon seit einer Woche drücken die Schüler in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland die Schulbank, seit Montag hat auch der Rest des Landes wieder Unterricht. Auf die Schüler und ihre Lehrer warten in diesem Jahr jede Menge Neuerungen: Die Senkung der Klassenschülerzahlen wird erstmals auch auf dritte Klassen der Volks-, Haupt- und Polytechnischen Schulen sowie der AHS ausgeweitet, der Deutsch-Förderunterricht auch für Schüler ohne Migrationshintergrund eingeführt und die Neue Mittelschule (NMS) flächendeckend in Österreich angeboten.
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Zu Schulbeginn beginnen auch immer wieder die Diskussionen rund um die Sinnhaftigkeit des Sitzenbleibens. Ein Fazit: Schüler mit Migrationshintergrund haben ein viel höheres Risiko sitzenzubleiben als Kinder mit Deutsch als Muttersprache. Einer von ihnen ist der 15-jährige Simo B. Er hat seine Nachprüfungen in Mathematik und Französisch nicht geschafft und will von der Schule nichts mehr wissen. "Die Politik muss handeln. Was nützt es, wenn lauter Ausländer in Klassen zusammensitzen und viele durchfallen? Ich will lieber arbeiten gehen und Geld verdienen, als noch mehr Zeit zu verlieren", meint er.
30 Prozent Abgänger
Simo ist kein Einzelfall. Denn dass das Repetieren bei Kindern mit Migrationshintergrund oft sinnlos ist, bestätigen die Zahlen: Viele Schüler sind auch beim Wiederholen nicht erfolgreich und schmeißen die Schule dann ganz hin. In der neunten Schulstufe gehen etwa 30 Prozent ab, wenn sie die Nachprüfung nicht schaffen. Während das Bildungsministerium seit Jahren versucht, Lösungsmodelle für ein funktionierendes Bildungssystem zu finden, steigt die Schülerzahl mit Migrationshintergrund stetig an: Österreichweit auf alle Schul- und Weiterbildungstypen gerechnet sind es fast 18 Prozent.
Spitzenreiter ist in Wien die Leopoldstadt mit 60 Prozent, gefolgt von der Brigittenau mit 58,6 Prozent und Margareten mit 57 Prozent. Nach Bundesländern betrachtet gibt es in Wien mit 40,4 Prozent über alle Schularten den höchsten Anteil an ausländischen Kindern und inländischen Schülern nichtdeutscher Muttersprache. Von den 262 Volksschulen in Wien weisen zehn Prozent einen über 90-prozentigen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund auf, bei jeder zweiten (49,6 Prozent) liegt der Anteil bei mehr als 50 Prozent. Tendenz steigend.
Österreichweit weisen von den insgesamt knapp 6000 Schulen 13,7 Prozent einen mehr als 33-prozentigen Anteil von Kinder mit Migrationshintergrund auf, am höchsten in Wien mit 59,8 Prozent aller Schulen. Einen mehr als 90-prozentigen Anteil von Migrantenkindern gibt es österreichweit an einem Prozent der Schulen, in Wien sind es 8,1 Prozent der Schulen.
Ob die Neuerungen tatsächlich zur Qualitätssteigerung des Bildungsangebots beitragen, bleibt abzuwarten. Die neuen Maßnahmen sollen jedenfalls sowohl Schüler als auch Lehrer deutlich entlasten. Durch die niedrigere Klassenhöchstzahl will man zudem individueller auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen können, heißt es aus dem Bildungsministerium.