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Viele Strategien aber kein eigenes EU-FBI

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

Die europäische Zusammenarbeit im Bereich der Terrorbekämpfung geht bis in die 70er Jahre zurück. Doch erst die Anschläge von New York (2001), Madrid (2004) und London (2005) forcierten die gemeinsamen Bemühungen.


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Dabei durchliefen die europäischen Antiterrorstrategien eine interessante Entwicklung: Nach den Anschlägen von 9/11 galt die Devise "So etwas darf bei uns nie passieren". Nach den Bomben von Madrid konzentrierte sich die Union auf Maßnahmen zur Verfolgung von Terroristen und die Verhinderung weiterer Anschläge - "So etwas darf bei uns nicht noch einmal passieren." Die Attacken von London brachten schließlich die traurige Gewissheit, dass auch Europa jederzeit Ziel eines Angriffs werden kann. Es begannen Überlegungen zur bestmöglichen Folgenbewältigung: "Wir können es nicht verhindern, also machen wir das Beste daraus." Die neuen Strategien stellten dabei keinen Ersatz für die alten dar, sondern deren Ergänzung.

Seit 9/11 beschlossen der Rat und die Kommission zahlreiche Aktionspläne, Strategien und Rahmenbeschlüsse. Allerdings zeigen sich dabei oft die strukturellen Schwächen eines Staatenbundes gegenüber einem Bundesstaat: Gerade im Sicherheitsbereich dominiert nicht die Integration, sondern die Kooperation. Die Abneigung einiger Mitglieder, allen voran Großbritanniens, gegen eine tiefer gehende Integration - sprich: die Etablierung einer europäischen Polizei mit tatsächlichen exekutiven Befugnissen - führt dazu, dass sich die Arbeit der Europäischen Union im Bereich der Terrorbekämpfung auf die Entwicklung von Konzepten und Koordination der Polizeiarbeit zwischen den Mitgliedern konzentrieren muss. Um als Union tatsächlich tätig werden zu können, bräuchte es die Einführung europäischer Pendants zu FBI und CIA.

Zu einem solchen Schritt wäre allerdings eine Änderung des bestehenden politischen Systems nötig, die kaum realisierbar ist. Daher bleiben die operativen und exekutiven Aktivitäten weiterhin bei den Mitgliedstaaten. Dennoch kommt der EU im Bereich gemeinsamer Sicherheitsstandards und Europol im Bereich der Koordination und des Informationsaustauschs eine nicht zu unterschätzende Rolle zu, die mittlerweile auch von den nationalen Nachrichtendiensten, die bisher mit der Weitergabe von Informationen eher knauserten, zunehmend geschätzt wird. Davon zeugt auch die Tatsache, dass sich die Zahl der von Europol koordinierten Terrorismus-Ermittlungen von 40 im Jahr 2005 auf über 60 im vergangenen Jahr erhöht hat.