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Die Konstruktion des Versorgungs- und Unterstützungsfonds stand auf wackeligen Beinen
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Salzburg. Es ist schon wieder seltener Besuch in Salzburg. Der Landtag im Chiemseehof ist wohl noch nicht oft von einem Reporter der internationalen Finanznachrichten-Agentur Bloomberg beehrt worden. Diese Woche war es so weit, der Untersuchungsausschuss zur Finanzaffäre macht’s möglich. Dort sagte am Donnerstag eine zentrale Person der Affäre, die entlassene Leiterin des Budgetreferats, Monika Rathgeber, als Auskunftsperson aus.
Rathgeber wies die Einzeltätertheorie, dass sie alleine von den Turbulenzen gewusst habe und dafür verantwortlich gewesen sei, erneut aufs Schärfste zurück. Umfang und Risiko der Geschäfte seien bis hinauf zur Landesregierung bekannt gewesen. Vor allem seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 habe es zwischen Banken und Land Kontakte auf höchster Ebene gegeben. Die Vorgesetzten Rathgebers, also vor allem der Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, und der damalige stellvertretende Landeshauptmann und Finanzreferent David Brenner (SPÖ) hätten "ständig Kontakt mit Banken gehabt". "Die Deutsche Bank und die Hypo Salzburg haben mehrmals im Jahr auf die Schulden und Wertpapiere hingewiesen", sagte Rathgeber vor dem U-Ausschuss. Sie könne das sagen, weil sie bei den meisten Gesprächen mit Brenner dabei gewesen sei.
Interessantes Detail am Rande: Vor rund 14 Monaten sei auch eine Abordnung der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Eigentümerin der Salzburger Hypobank, in Begleitung von Meinhard Lukas, Dekan an der Linzer Universität und mittlerweile Berater des Landes Salzburg bei der Auflösung der Geschäfte, bei Brenner gewesen. Inhalt des Treffens sei Lukas’ Gutachten für die Stadt Linz im Zusammenhang mit dem Franken-Swap bei der Bawag gewesen. Das wisse Rathgeber aus Erzählungen von Paulus.
Eine neue Version lieferte Rathgeber auch zu jenem Sondertreffen des Salzburger Finanzbeirates im April 2012, an dem die Hypo-Führung und die Treasury-Abteilung der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich ebenfalls teilnahm. Auch hier sei es unter anderem um den Franken-Swap der Stadt Linz mit der Bawag gegangen. "Die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich hat sich gefürchtet, dass es Entscheidungsträger gibt, die sagen, sie wissen von bestimmten Geschäften nichts. Deshalb haben sie danach getrachtet, mit den Verantwortlichen zu sprechen und die Geschäfte offenzulegen", erklärte Rathgeber. Die Gespräche zielten laut Protokoll tatsächlich darauf ab, Informationen über Geschäfte auszutauschen.
Erhellendes konnte Rathgeber zum berüchtigten Versorgungs- und Unterstützungsfonds (VUF) beitragen: Der sei mit den Geldern aus dem Verkauf der Landesbank Hypo im Jahr 2003 gefüllt worden. Der Verkaufserlös sei im Laufe der Zeit für verschiedene Projekte, wie den Bau des EM-Stadions oder das Museum der Moderne verwendet worden. "Die Veranlagungen im Fonds waren aber so gut, dass wir sie mit Fremdkapital fortgesetzt haben, als das Geld gebraucht wurde", erklärte Rathgeber. Das heißt im Klartext: Für die Finanzgeschäfte wurden Schulden aufgenommen. Das sei aber nicht ihre Entscheidung gewesen, sondern vom Ressort entschieden worden. "Ich habe meistens nur mit dem Abteilungsleiter (Paulus, Anm.) gesprochen. Das war aber mit der politischen Linie abgestimmt", sagte Rathgeber.
Dass der Fonds vorrangig die Aufgabe hatte, Kapitalertragssteuer zu sparen, bestätigte auch Rathgeber. Eine frühere Aussage vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigte sie ebenfalls: "Einzige Aufgabe des Fonds war es, entsprechende Zinserträge zu lukrieren." Allerdings seien die "Zwecke zur Sicherung von Pensionen von pragmatisierten Landesbediensteten" sehr wohl erfüllt worden, so Rathgeber: "Ohne diese Erträge würde das Land mehr für die Pensionen zahlen müssen." Den Eindruck, dass es sich bei dem Fonds um eine eigenwillige Konstruktion handelt, konnte aber auch Rathgeber nicht zerstreuen.
Denn der Fonds sei ein Rechnungskreis des Landes außerhalb der ordentlichen Gebarung gewesen, allerdings ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die Richtlinien des Landes für die Veranlagung, die etwa für den Wohnbaufonds gegolten haben, wurden für diesen Fonds allerdings nicht eingehalten. Für eine eigene Rechtspersönlichkeit hätte man ein Landesgesetz gebraucht, was bei der Einrichtung im Jahr 2003 nicht möglich gewesen sei. Der Architekt des VUF, der frühere Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent Wolfgang Eisl (ÖVP), ist heute, Freitag, ebenso wie sein Nachfolger Othmar Raus (SPÖ) Auskunftsperson im U-Ausschuss.
Land wollte Klage der Stadt gegen Banken verhindern
Erhellendes gab Rathgeber auch über die Denkweise in der Finanzabteilung zu Protokoll: Im Jahr 2007 hatte das Land Salzburg von der Stadt Zinstauschgeschäfte übernommen, die dem Land laut einer Landtags-Anfrage der FPÖ letztlich einen Verlust von 310.000 Euro einbrachten. Wie es dazu kam, erzählte die ehemalige Referatsleiterin dem Untersuchungsausschuss. Die Geschäfte seien stark im Minus gewesen, weshalb sie die Stadt unbedingt loswerden wollte.
Rathgeber erklärte, sie hätte gehört, dass Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) die Banken klagen wollte. "Wir als Land haben gesagt: Was seid ihr für ein Vertragspartner? Solange man im Plus ist, ist alles super, und wenn man ins Minus kommt, wollt ihr klagen. Das kann man nicht machen", sagte Rathgeber.
Eine Klage der Stadt gegen Banken habe das Land unbedingt verhindern wollen. Rathgeber: "Wenn sie geklagt hätten, wäre in den Medien überall gestanden: ‚Salzburg klagt Banken.‘ Da wäre nicht differenziert worden. Wir hätten als Land einen riesigen Reputationsverlust gehabt." In der Folge sei daher politisch akkordiert worden, dass das Land die Geschäfte übernimmt, die Stadt dafür in Zukunft aber keine Derivate mehr abschließt, erklärte Rathgeber.