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"Viele, viele Jahre länger arbeiten"

Von Brigitte Pechar

Politik

OECD-Pensionsbericht bestätigt niedrigen Pensionsantritt in Österreich.


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Wien. Die Österreicher gehen im internationalen Vergleich früh in Rente und haben eine hohe Pension. Der Lebensstandard der älteren Menschen in Österreich ist relativ hoch, die Altersarmut vergleichsweise gering. Das zeigt die OECD-Studie "Pensionen auf einen Blick", die am Dienstag veröffentlicht wurde. Und sie zeigt auch, dass Österreich vergleichsweise sehr viel Geld dafür in die Hand nimmt.

Hundstorfer: Keine Einschnitte bei Pensionen

Sozialminister Rudolf Hundstorfer bekräftigte neuerlich, dass er bei den Pensionen keinen weiteren Änderungsbedarf sieht: "Ihr könnt sicher sein, dass es keine weiteren Einschnitte geben wird", sagte der Minister beim Gewerkschaftstag der Metallergewerkschaft Pro-Ge.

OECD-Experte Christopher Prinz fordert dagegen im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sehr wohl Maßnahmen. "Wir leisten uns ein sehr teures Pensionssystem. Nachhaltig wird das aber nur sein, wenn das Antrittsalter deutlich nach oben korrigiert wird." Eine genaue Zahl wollte Prinz nicht nennen, sagte aber: "Um viele, viele Jahre." Mehr als die Hälfte der 30 OECD-Staaten habe das Pensionsantrittsalter bereits auf 67 Jahre angehoben. In Österreich sei das Antrittsalter in den vergangenen 20 Jahren faktisch unverändert geblieben. Das durchschnittliche Antrittsalter klebe bei Männern bei 59 Jahren und bei Frauen bei 57 Jahren. Die OECD nimmt hier das Alter beim Austritt aus dem Arbeitsmarkt und kommt aufgrund von Befragungen auf Wahrscheinlichkeiten des Erwerbsaustritts. Demnach lag das Arbeitsmarkt-Austrittsalter bei Männern bei 61,9 Jahren (OECD-Schnitt 64,2 Jahre), bei Frauen bei 59,4 Jahren (OECD-Schnitt 63,1 Jahre).

Möglichst früh in Pension zu gehen sei tief in der österreichischen Seele verankert und würde sowohl von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern genützt. Damit einher gehe auch die fehlende Weiterbildung, die in Österreichs Betrieben mit 50 ende. Aber auch Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz werde vernachlässigt. Das würde sich erst ändern, wenn die Leute tatsächlich erst mit 65 in Pension gingen. "Solange man früher gehen kann, wird sich daran auch nichts ändern", sagt der OECD-Experte.

Die Koalitionsverhandler sollten sich auf ein Bonus-Malus-System einigen, das auch tatsächlich etwas bewirkt, rät Prinz. Die derzeitigen Abschläge (pro Jahr 4,2 Prozent) sind mit zehn Prozent gedeckelt. Das sei falsch - und es brauche hohe Pönalen für Betriebe, die ältere Arbeitnehmer in den Vorruhestand schicken.

Prinz: Schlupflöcher nicht durch neue ersetzen

Prinz hält der Regierung zugute, dass bereits einiges passiert sei. Die Hacklerregelung liegt ab kommendem Jahr bei 62 Jahren und sei daher de facto ausgelaufen. Er befürchtet aber, dass sich das bei den Invaliditätspensionen niederschlagen könnte. "Man hätte sie besser ganz streichen sollen", schränkt er sein Lob ein. Aber auch bei den Invaliditätspensionen sei etwas geschehen. Man werde erst sehen, was dieses Löcherstopfen bewirke. Als gelernter Österreicher wisse er nämlich auch, dass Schlupflöcher sofort durch andere ersetzt würden, wenn sich Gelegenheit ergebe.

Die großzügigen Pensionsregelungen zeigen im OECD-Pensionsbericht Wirkung. In Österreich gelten 11,3 Prozent der Menschen über 65 als arm, weil sie über weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens verfügen. Im OECD-Durchschnitt liegt die Altersarmut hingegen bei 12,8 Prozent.

Österreich zählt zu den besten OECD-Ländern (von 30) beim verfügbaren Einkommen der älteren Menschen: 91 Prozent des verfügbaren Einkommens der Gesamtbevölkerung (der Durchschnitt in der OECD beträgt 86 Prozent).

Bezüglich der Pensionshöhe im Vergleich zum Letztgehalt liegt Österreich im OECD-Vergleich an dritter Stelle. Diese Ersatzrate beträgt 76,6 Prozent, höher ist sie nur in den Niederlanden (90,7 Prozent) und in Dänemark (78,5 Prozent), der OECD-Schnitt liegt bei 54,4 Prozent.